Montag, 31. August 2009

23. Tag: 24. August 2009

Irgendwie scheint es jeden Morgen dunkler zu sein, wenn ich aufstehe. Nach dem Frühstück, bei dem man nur nach und nach wach wird, setzen wir also unsere übliche Tätigkeit fort: das Funde waschen, beschriften usw. bis die Finger schrumpelig und voller Tusche sind. Schließlich muss der Stapel abgearbeitet werden.

Zur Mittagspause ergatter ich mir sogar den beliebten Platz auf dem Sofa, wo es nicht nur am bequemsten ist, sondern auch, wo man am ehesten von den lästigen Fliegen verschont bleibt.
Der Bericht dieses Tages wird recht kurz, aus dem einfachen Grund, dass ich auch am Nachmittag nicht viel mehr gemacht habe, als Knochen und Keramik vom Dreck zu befreien, sie zu beschriften und einzutüten. Vermutlich kommt das einigen sogar gelegen, weil ich mehr oder weniger diskret darauf hingewiesen wurde, dass meine Berichte zu lange wären (Stimmts, Samuel?).

Was ich außerdem heute noch festgestellt habe ist, dass es doch tatsächlich noch einen weiteren Max Mutzke Fan unter uns gibt *jubel*. So wisen Cordula und ich einiges zu tratschen, während wir uns den Funden widmen. Auf diese Weise wird uns die Arbeitszeit verkürzt. Nebenan werden eifrig die Gefäßeinheiten (Unites de Remontage) inventarisiert. Das Zusammenspiel Steffi-Johann funktioniert nicht ganz so gut, weil letzterer seine Aufmerksamkeit irgendwie überall hat, nur nicht bei den Scherben. So muss Samuel seinen Part übernehmen.

Ich für meinen Teil bin nach dem Essen müde genug, um den Weg Richtung Zelt einzuschlagen. Die Jungs hingegen haben beschlossen heute noch an den See fischen zu gehen. Dazu muss aber erst mal die Ausrüstung richtig zusammengebaut werden, was gar nicht so einfach ist. Ob sie damit wirklich einen Fisch an Land ziehen?

24. Tag: 25. August 2009

Heute muss die Grabung ein für alle mal abgeschlossen werden, hat Samuel beschlossen. Deshalb bricht er zusammen mit Anthony und Cecilie zur Höhle auf, ohne nähere Angaben bezüglich ihrer Wiederkehr.

Arbeit hat er jedenfalls genug für uns dagelassen. Steffi und ich putzen noch die restlichen Funde, Erik und Cordula inventarisieren weiter und Daniel und Johann stürzen sich auf die Scherben der Bronzezeit. Diese wurden von Samuel aus dem Zelt verbannt und unter einer erstaunlich improvisierten Dachkonstruktion platziert, die liebevoll von uns die „MacGyver-Konstruktion“ genannt wird. Fragt mich nicht, wie sie hält, aber sie hält. Meistens zumindest. Manchmal wird sie auch von einem kräftigen Windstoß niedergerissen, sehr zu unserer Belustigung, aber die zwei Jungs bauen sie jedes Mal geduldig wieder auf.

Am Nachmittag machen sich Cordula und Erik auf den Weg, um einkaufen zu fahren. Unter anderem müssen noch Sachen für Cecilies morgigen Geburtstag eingekauft werden.
Inzwischen hat sich der Himmel bedrohlich zugezogen. Stolz endlich alles gewaschen zu haben, stürze auch ich mich auf die Bronzezeit und stelle erfreut fest, dass man dort sehr schnell fündig wird, was Passscherben angeht. Da jagt ein Jubelruf den nächsten und keiner weiß, wer am lautesten jubelt.

Nur der Wind, der uns hin und wieder das Dach über dem Kopf zusammenklappen lässt, ist ein Vorbote für das Unwetter, das wohl bald aufzieht. Vorsichtshalber beschließen wir also den Notfallplan einzuleiten. Das heißt also: alle Zelte zumachen, möglichst schnell die Scherben unter das Zeltdach räumen und alles was auf dem Tisch ausgebreitet ist in Sicherheit bringen.
Schlussendlich müssen wir aber feststellen, dass uns das Wetter nur ärgern wollte, denn bis auf ein paar vereinzelte Tropfen, passiert rein gar nichts.

So beschließen wir, dass wir das Abendessen, für das heute Steffi und ich mal wieder verantwortlich waren, beruhigt draußen essen können.

Als es auf die 10 Uhr zugeht, kehren auch unsere fleißigen Ausgräber zurück; zusammen mit einer riesigen Ladung an Funden, die nur darauf warten, gewaschen, beschriftet und einsortiert zu werden. Nein! Jetzt habe ich doch heute alles gewaschen, was zu waschen war, jetzt ist wieder ein neuer Berg da! In diesem Fall weiß ich also, was mich morgen erwartet.

25. Tag: 26. August 2009

Was für ein schöner Morgen, ganz ohne graue Wolken! Bis auf die Tatsache, dass mich durch das Netzgitter unseres Innenzeltes eine riesige Gottesanbeterin anglotzt und mich nicht aus den Augen lässt, bis ich aus dem Zelt husche.

Wie bereits gestern erwähnt besteht auch heute meine Haupttätigkeit darin, Funde zu waschen, trocknen zu lassen, ggf. zu beschriften und sie dann einzutüten. Da es sich zum Großteil um Knochen handelt, fällt die Angelegenheit mit dem Beschriften schon mal weg. Nur leider sollte man erwähnen, dass nicht der ganze Berg nur aus großen Knochen bestand und es nichts Schlimmeres gibt, als kleine Knochensplitter zu waschen. Aber immerhin scheint es mir produktiver, als den ganzen Tag nach Passscherben zu suchen.

Das Wetter weiß heut auch nicht so richtig was es will. Zunächst scheint der Vormittag noch recht freundlich zu sein, bis sich plötzlich der Mistral wieder zu Wort meldet und mit Leidenschaft meine Zettelwirtschaft durcheinander bringt und Kisten mit Knochen umwirft, die ich zum Trocknen in die Sonne gestellt habe.

Wetterfrosch Samuel behauptet, dass es vermutlich kein Unwetter geben wird, auch wenn sich der Himmel mehr und mehr zuzieht.
Fast hätte ich mein Tagesziel erreicht. Zumindest haben Steffi und ich den Berg an Funden bis zum Nachmittag schon fast ganz gewaschen, aber Samuel hat für heute noch andere Pläne. Mittlerweile haben Anthony und Erik schon haufenweise Daten der Unites des Remontages in eine Excel-Tabelle übertragen. Mit diesen Koordinaten sollen wir nun mit Hilfe des Adobe Illustrators Grafiken erstellen. Jetzt heißt es also, das Gehirn anstrengen und sich erinnern, was wir letzte Woche zu diesem Thema gelernt haben. Leider haben wir einige Startschwierigkeiten, nicht zuletzt weil es total grausam ist, wenn 5 Leute gleichzeitig auf einen einreden und jeder eine andere Meinung bezüglich der Vorgehensweise hat. Wenn man aber erst mal die Handgriffe wieder parat hat, geht die Sache doch noch ganz schnell vorwärts.

Nicht ganz so toll sieht es leider draußen aus. Samuels Wetterprognosen sind nicht ganz eingetroffen, wie erwartet. Im Gegenteil, das Unwetter, das nun schon seit gestern in der Luft lag, ist jetzt endlich eingetroffen. Ein Glück, das wir vorher noch alles in Sicherheit gebracht haben, bevor der Regen einsetzt und uns das Gewitter den Strom klaut. Peng macht’s und schon hat der Blitz irgendwo eingeschlagen. Die Laptops laufen glücklicherweise noch mit Akku weiter, aber Licht gibt es jetzt keines mehr.

Welch glücklicher Zufall, dass wir für heute Abend schon ganz andere Pläne haben. Wie bereits schon erwähnt, hat Cecilie heute Geburtstag. Auf ihren Wunsch hin, haben wir beschlossen, am Abend nicht zu kochen, sondern nach Aix in ein Restaurant zu fahren. Deshalb brauchen wir also weder das Licht, noch den Herd für diesen Abend. Isabelle macht uns aber wenig Mut, als sie erklärt, dass sich ein längerer Stromausfall auch gern mal auf die Wasserversorgung auswirkt. Mit anderen Worten, das Risiko besteht, dass wir für die restlichen Tage weder Elektrizität, noch eine Dusche oder Waschmaschine haben. Wie Steffi es so treffend formuliert hat „Mal schauen wie lange es dauert, bis wir uns nicht mehr riechen können.“

Aber noch wollen wir den Teufel ja mal nicht an die Wand malen. Erst wollen wir schließlich den Abend genießen. Es ist das erste Mal, dass wir so richtig in die Innenstadt von Aix kommen. Außerdem lernen wir die Regeln in französischen Parkhäusern kennen: wenn du einen Kleinbus hast, suche dir einen Parkplatz, parke rückwärts ein, fahre so lange zurück bis es kracht und voilá! Das Ergebnis: der Bus steht quer über zwei Parkplätze und der kleine Begrenzungspfeiler aus Plastik klebt verbogen unter der Stoßstange. Perfekt eingeparkt Herr van Willigen!

In der Altstadt von Aix herrscht reges Treiben. Ein Restaurant reiht sich an das nächste. Wir entscheiden uns für ein griechisches Restaurant und machen es uns dort an einem der Tische bequem, die auf dem Platz aufgestellt sind. Von hier aus kann man wunderbar die Leute beobachten die hin und her gehen. Steffi und ich nehmen uns ein Beispiel an unseren männlichen Tischnachbarn, die beide gerne den weiblichen Wesen hinterherschauen, und wägen stattdessen ab, wie gut die Männer aussehen, die vorbei kommen. Irgendwie ist aber nicht wirklich etwas dabei, was uns anspricht. Da ist das Menu de dégustation doch viel verlockender, das Johann, Samuel, Steffi und ich bestellt haben und wo man sich mit 10 verschiedenen Vorspeisen und 5 verschiedenen Hauptspeisen gründlich den Magen vollschlagen kann.

Nach dem Essen machen wir noch einen nächtlichen Verdauungsspaziergang durch die Gassen von Aix. Naja, wenn es nach Samuel ginge, wäre es wohl eher ein Verdauungsmarathon.
Als wir dann schließlich zurückfahren, sind wir alle vollgefressen und müde. Das hindert uns aber nicht daran, dass wir noch Cecilies Geburtstag ausklingen lassen, indem wir noch die Himbeerrolle mit den Wunderkerzen und den selbstgebastelten Passscherben aus Marzipan verspeisen.

Nebenbei bemerkt hatten wir alle einen buchstäblichen Lichtblick, als wir zurückgekommen sind: das Licht brennt wieder, das Wasser läuft einwandfrei, der Schaden ist also schon behoben. Glück gehabt!

26. Tag: 27. August 2009

Samuel hat keine Gnade walten lassen. Obwohl wir gestern erst gegen 1 Uhr ins Bett sind, heißt es heute wie üblich wieder früh morgens raus aus den Federn. Als ich um halb 7 aufsteh, ist alles noch total ruhig. Ich entschließe mich also nachdem ich im Bad war, dass es doch der perfekte Morgen wäre, um einen kleinen Spaziergang an den See zu machen. Es gibt doch nichts Herrlicheres als ein stiller See, über den die Nebelschwaden ziehen, zwischen denen langsam die Morgensonne durchkommt. Das einzige Geräusch kommt von den Vögeln und den Pferden, die irgendwo schnauben und grasen. Außerdem ist es schön frisch, sodass man richtig wach wird.

Nach dem Frühstück wasche ich noch die restlichen Funde, die wir gestern nicht mehr geschafft haben. Jetzt muss doch diese Wascherei aber wirklich endgültig ein Ende gefunden haben, oder? Entweder hat die Sonne heute nur mäßig Kraft oder die Knochen haben sich wirklich so mit Wasser vollgesaugt, jedenfalls dauert es irgendwie ganz schön lange, bis alles trocken genug ist, damit man es eintüten kann.

Nach dem Mittagessen ist erst mal wieder ein Schläfchen angesagt. Das Wettrennen um das Sofa gewinne ich sogar gegen Steffi.

Heute Nachmittag bekommen wir mal wieder Besuch. Ein Freund von Samuel will sich unsere Arbeit anschauen. Dafür müssen wir eine kleine Präsentation vorbereiten. Wir wählen dafür natürlich denjenigen aus, der am besten französisch spricht: Johann.

Die Vorbereitungen sind eigentlich recht schnell abgeschlossen, jetzt brauchen wir nur noch den Zuhörer, der sich aber leicht verspätet. Bis es soweit ist, gibt es noch einiges zu tun. Unter anderem müssen die Unites des Remontages mit Nummern beschriftet werden, bevor man sie in ihre jeweiligen Kisten verpackt. Nichts leichter als das. Einfach alle Gefäße auf dem Tisch ausbreiten und dann in Fließbandtechnik alles mit dem Untergrund bepinseln und anschließend beschriften.

Ich habe nicht gezählt, wie viele es waren, aber es waren sehr viele. Allmählich kommen wir etwas in Zeitdruck, immerhin müssen bis morgen alle Arbeiten erledigt sein.
Nach dem Vortrag knurren uns schon die Mägen. Ein Glück, dass uns unsere fleißigen Köche bald schon eine große Portion Polenta auf den Tisch bringen.

Nach dem Essen ist das Programm noch lange nicht gelaufen; findet zumindest der kleine Armand, der von unserer Kissenschlacht überhaupt nicht genug kriegen kann. Dieses Kind hat eindeutig mehr Energie als wir nach diesem arbeitsreichen Tag. Selbst als Steffi und ich versuchen ins Zelt zu flüchten, werden wir noch verfolgt und mit Kissen attackiert, bis sich jemand erbarmt uns zu retten :p.

27.Tag: 28. August 2009

Heute ist es unglaublich neblig. Die Suppe ist sogar so dick, dass ich kaum was sehe, als ich wieder einen Spaziergang zum See mache. Erst als die Sonne es doch schafft, den Nebel zu besiegen, wird es wärmer. Unsere heutige Aufgabe lautet: jegliche Wandscherben müssen nach Schicht sortiert werden. Was wie ein einfacher Auftrag klingt, ist aber wahnsinnig zeitaufwendig. Stellt euch 8 Tische vor, die überladen sind mit Kleinteilen aus Keramik und jede einzelne muss umgedreht und auf ihre Schicht geprüft werden. Diese sind zweigeteilt: einerseits gibt es die römischen Ziffern aus den alten Grabungen der 90er, andererseits die komplizierten Buchstabenkennungen der neueren Grabungen. Um den Überblick nicht zu verlieren, fangen wir also an, uns ein System zu überlegen, das aus Kisten und Kritzeleien auf dem Tisch besteht.

Nicht einmal für eine lange Mittagspause bleibt heut Zeit. Gleich nach dem Essen geht das Sortieren weiter. Bis zum Abend wuselt schließlich die ganze Mannschaft im Zelt herum, um alle Scherbenstapel in Tüten und Kisten zu verstauen, bis auch das letzte Stück Keramik verpackt ist (was ganz schön lange dauert, weil immer wieder aus irgendwelchen Winkel plötzlich ein neuer Haufen auftaucht, der einsortiert werden muss. Zitat Cecilie: „Chaos, dein Name ist van Willigen!“).

Wir geben uns wirklich Mühe, alles zügig zu erledigen, doch es ändert nichts an der Tatsache, dass es schon halb 10 ist, bis wir endlich Feierabend machen dürfen. Dafür begießen wir den Abend auch mit einem Glas Champagner, um damit schon mal der ganzen Kampagne einen würdigen Abschluss zu geben und uns bei Isabelle und ihrer Familie zu bedanken, die uns in den 4 Wochen immer so geduldig ertragen hat und immer mit Rat und Tat zur Seite stand.

Kaum zu glauben, dass die 4 Wochen jetzt wirklich schon fast vorbei sind. Die Arbeiten sind jetzt praktisch abgeschlossen, aber eben nur fast. Morgen erwartet uns noch das letzte Übel: ein Großputztag!

28.Tag: 29. August 2009

Ich wünschte, ich könnte noch weiterschlafen, aber ich will ja schließlich noch die Gelegenheit nutzen, um nochmal den See beim morgendlichen Nebel zu sehen. Steffis große Sprüche vom Vorabend, sie wolle früh morgens schon schwimmen gehen, verpuffen bereits nach einem kurzen, prüfenden Blick ihrerseits aus dem Zelt.

Dagegen sind andere schon am See unterwegs, wie ein paar Angler und auch Gouravon, der die frühe Stunde nutzt, um Mäuse zu fangen. Eigentlich wären die Badepläne gar nicht so abwegig, denn wie ich feststelle, ist das Wasser erstaunlich warm. Trotzdem begnüge ich mich damit, kurz die Arme reinhängen zu lassen, ehe ich – begleitet von einem schnurrenden Gouravon – zurück zum Haus laufe.

Als erstes müssen noch die diagnostischen Scherben verstaut werden, also all jene, die Randstücke oder Besonderheiten wie Henkel usw. aufweisen. Diese müssen zum Glück nur noch nach ihrer Art und nicht mehr nach der Schicht sortiert werden, was relativ schnell geht.

Dann geht es los mit der Putzaktion. Die Aufgaben sind genau verteilt: Erik und Johann fahren mit Samuel nach Aix um die Kisten mit den Wandscherben und die Ausrüstung ins Lager zurückzubringen, wo wir sie vor vier Wochen geholt haben. Cecilie, Daniel, Steffi und ich bleiben hier und unterziehen unserer Unterkunft einer Generalüberholung. Alles kommt raus. Innerhalb kürzester Zeit stapelt sich das Chaos auf den Außentischen, wohingegen es im Inneren immer leerer wird. Auch das Bad muss geputzt werden, wobei ich feststellen muss, dass das Putzmittel alles andere als hautverträglich ist. Nach einigem Stühleschleppen, wischen, putzen und fluchen, können wir uns kurz beim Mittagessen ausruhen, bevor es wieder weiter geht.

Ich putze die Küche, während Steffi sich mit den Kühlschränken beschäftigt. Daniel und Cecilie versuchen hingegen den Dreck aus unserem Saal zu kriegen, indem sie ihm mit Staubsauger und Putzeimer zu Leibe rücken. Eines muss ich wirklich sagen: so sauber sah dieser Raum sicher schon lange nicht mehr aus, nicht mal, als wir vor einem Monat hier angekommen sind.

Kaum bin ich fertig mit dem Herd, kommt der Trupp aus Aix zurück. Wehe jemand nähert sich noch meiner frisch polierten Küche! Offenbar waren meine Warnungen einleuchtend genug, zumindest wagt sich keiner der Jungs auch nur in die Nähe des Herdes.

Nachdem auch alle Küchenschränke geputzt und der Kühlschrank enteist wurde (mir kam da doch fast ein ganzer Eisberg entgegen) verlagert sich die Aufräumaktion nach draußen. Sämtliche Unites des Remontages müssen mit Papier und Füllmaterial in den Kisten gesichert werden, damit nichts kaputt geht, ehe wir die Kisten in einen kleinen Lagerraum tragen, wo sie Samuel in ein paar Wochen abholen wird. Er will das ganze nämlich zu Hause noch näher untersuchen, aber in den Kofferraum passen sie beim besten Willen dieses mal noch nicht.

Während sich die starken Jungs daran machen, unser Arbeitszelt abzubauen, widmen Steffi und ich uns schon mal unserem kleinen Zelt. Der Plan lautet nämlich, dass alle Zelte heute schon abgebaut werden und wir heute Nacht zusammen im großen Saal übernachten. Jetzt ist also die letzte Gelegenheit, um Ordnung in den Koffer zu bringen, damit er am Ende auch wieder zugeht. Noch ein bisschen das Zelt ausgesaugt und schwups ist es ebenso schnell wieder zusammengefaltet, wie es sich einst von selbst entfaltet hat. Wirklich praktisch diese Wurfzelte!
Am Abend sind wir schließlich alle fix und fertig, aber die Arbeit hat sich gelohnt. Das Chaos wurde beseitigt, alle Kisten verstaut, das Zelt abgebaut, unsere Unterkunft ist sauber.

Jetzt haben wir uns noch eine kleine Auszeit am See verdient, ehe wir uns auf den Weg nach Vinon machen. Wie schon am ersten Tag essen wir dort im Bistro „Le Mistral“. Damit schließt sich der Kreis, der vor einem Monat hier begonnen wurde.

29. Tag: 30. August 2009

Es darf doch wohl nicht wahr sein! Als Steffis Wecker um 6 Uhr klingelt, will ich am liebsten nur wieder die Decke über den Kopf ziehen und weiter schlafen. Aber ich hab keine Chance, ich muss wohl oder übel unter dem Klavier hervorkriechen und mich ins Bad schleppen.
Nicht mal zum Frühstück reicht die Zeit, was natürlich so geplant war, sonst hätten wir ja wieder die schön geputzte Küche und den fein säuberlich gereinigten Esstisch dreckig gemacht.

Noch schnell den Rest in den Koffer gestopft und dann alles möglichst so gestapelt, dass 7 Menschen, samt Gepäck, plus einem Berg von Funden ins Auto passen. Zusätzlich kommt noch eine große Kiste Altglas und zwei riesige Tüten PET-Flaschen hinzu, die man unterwegs noch loswerden muss, und irgendwo muss noch ein Platz für die Kühltasche gefunden werden.
Unglaublich, aber es hat wirklich alles reingepasst! Das ist wirklich ein Wunderauto.
Nun heißt es also Abschied nehmen von Aurabelle.

In Vinon werden wir zum Glück unseren Müll los, sodass wir uns wenigstens wieder ein kleinwenig regen können. Dann kann unsere Fahrt wirklich losgehen.
Unter den Strahlen der aufgehenden Sonne über den Bergen führt uns unser Weg über die E712 Richtung Norden, vorbei an Manosque, Siseron, Richtung Grenoble. Die Landschaft ist so herrlich, aber die Augenlider sind auch sooo schwer. Lange halte ich es noch durch, mir die Berge, Täler und Dörfer anzuschauen, dann mach auch ich von meinem Kuschelkissen Gebrauch und schlafe eine Runde.

Nach gut zwei Stunden machen wir Pause in einem kleinen Ort, um dort zu frühstücken. Ein Croissant und eine heiße Schoki später, kann die Fahrt weiter gehen.
Viele Details gibt es von der Fahrt eigentlich nicht zu berichten. Sie besteht zum Großteil eigentlich nur im Schlafen, Landschaft anschauen, schlafen und Landschaft. Besonders in den Alpen ist die Landschaft einfach herrlich, nur leider hat praktisch keiner mehr noch eine funktionstüchtige Kamera, weil sie entweder kaputt oder die Batterie leer ist.

Je weiter wir nach Norden kommen, desto vertrauter wird die Gegend: saftig grüne Wiesen, auf denen Kühe grasen, dichte Laubwälder, hübsche Dörfchen. Ein paar Mal müssen wir anhalten und die Karte studieren, weil wir mittlerweile die große Nationalstraße verlassen haben und nun über enge Landstraßen fahren.

Im Gegensatz zur Hinfahrt, wo wir den Weg über die Schweiz genommen haben, fahren wir heute nicht Richtung Genf, sondern bleiben in Frankreich. Das hat zwei wichtige Gründe: erstens hat Samuel noch Funde im Auto, die er nicht über die EU Grenze hinausbringen darf und zweitens wollen wir noch ein Archäologen Ehepaar besuchen, das mit Samuel befreundet ist und wichtige Forschungen über französische Seeufersiedlungen betrieben hat.

Dazu müssen wir aber erst mal das Nest finden, wo die beiden uns erwarten.
Vorher halten wir aber noch an einem idyllischem Plätzchen an, um unser Picknick zu verspeisen. Umgeben von weiten Wiesen, auf denen es nichts gibt, außer einer alten Kapelle und einer Weide mit Kühen und einem Pferd, lässt sich das Essen so richtig genießen.

Über kurvige Bergstraßen geht es über St. Claude direkt hinein ins Herz des französischen Juras. Nach einigem Wenden und Anhalten, finden wir schlussendlich was wir suchen: ein kleines Forschungszentrum, das auf den ersten Blick recht verlassen aussieht. Im Inneren erwarten uns aber schon die beiden Archäologen und ein feiner Tee mit Keksen. Außerdem kommt noch eine weitere Kollegin der beiden hinzu, bei der sich schnell herausstellt, dass sie eigentlich aus Schottland kommt und wir deshalb ganz froh sind, dass wir uns mal wieder mit jemandem auf Englisch unterhalten können.

Gestärkt und mit frisch aufgefüllten Wasservorräten kann also die letzte Etappe angetreten werden. Nordwärts geht es Richtung Besançon (das wir mehr oder weniger souverän umfahren), weiter auf der Autobahn Richtung Belfort. Autobahnen in Frankreich bedeuten bekanntlich Mautstellen und Mautstellen sind üblicherweise Punkte, an denen sich viele Autos sammeln. Was eignet sich also besser, als ausgerechnet hier, alle Scheiben runter zu kurbeln, die es an unserem Auto gibt und dann Gülümse voll aufzudrehen und lauthals mitzugröhlen. Schockierte Blicke von allen Seiten sind natürlich nachvollziehbar, aber das stört uns wenig. Im Gegenteil, wir haben sehr unseren Spaß.

Nach einer kurzen Pinkelpause an einem Autobahnparkplatz heißt es schließlich Endspurt. Es ist nicht mehr weit bis Mulhouse und von dort ist es nur noch ein Katzensprung nach Basel. Eifrig werden die Handys gezückt, um Taxi Mama, Papa und Co zu verständigen, damit sie auch rechtzeitig am vereinbarten Punkt bereit stehen. Es ist mittlerweile bald 20 Uhr als wir schließlich in St. Louis ankommen und die letzten Meter noch mit einem Abschluss-Gülümse ausklingen lassen.

Damit endet also unsere Reise, wo sie vor 4 Wochen hier begonnen hat. Abschließend bleibt zu sagen, dass es wirklich ein interessanter, sehr lustiger, wenn auch manchmal etwas anstrengender Monat war. Wir haben sicher alle sehr viel über das südfranzösische Neolithikum und die Vorgänge einer Befundauswertung gelernt. Aber das alles hätte nicht so gut funktionieren können, wenn wir nicht so ein gutes Team gewesen wären. Ein Dank also an alle und natürlich ganz besonders an Samuel, der uns erstaunlicherweise die ganzen vier Wochen ausgehalten hat, ohne wahnsinnig zu werden^^.

ENDE
16. Tag: 17. August 2009

Eine neue Woche hat begonnen. Als ich aufstehe, kann ich am Horizont hinter Gréoux die ersten Schimmer der Sonne sehen.
Nach dem Frühstück spalten wir uns wieder auf. Die andere Gruppe fährt wieder zur Höhle, wir bleiben hier. Einzige Veränderung ist, dass Cecilie und Cordula die Plätze tauschen, weil Cordula heute hier bleiben will, um noch ein paar administrative Dinge für die Uni zu erledigen.

Steffi und ich widmen uns den Funden von letzter Woche, um diese zu waschen und zu beschriften, während Johann als einziger tapfer die Stellung im Zelt hält und dort Scherben zusammensetzt. In dieser Hinsicht werden wir in den nächsten Tagen wohl ohnehin einiges an Erfolg zu verzeichnen haben, denn offenbar haben wir nun den Großmeister der Scherben bei uns zu Gast: Anthony. Er hat gestern Abend innerhalb von 20 Minuten 10 Passscherben gefunden, ohne die Scherben vorher je gesehen zu haben. Ihr könnt euch vorstellen, dass uns da die Kinnlade offengestanden ist.

Diesen Vormittag hat er aber nur wenig Zeit, weil er noch ein Auge auf seinen 2jährigen Sohn Armand haben muss. Heute Mittag kommt noch seine Freundin Florence nach, dann kann er seine Aufmerksamkeit uns widmen.

Zum Mittagessen gibt es Reste der Lasagne und Salat. Danach nutze ich die Gelegenheit, mir das Internet zu „grabschen“, denn das WLAN funktioniert noch immer nicht. Isabelle hat uns aber ein Internetkabel gegeben, sodass wenigstens immer einer von uns surfen kann. Tagsüber lassen wir natürlich Cordula den Vortritt, weil sie viele wichtige Dinge zu erledigen hat. Jetzt opfer ich eben meine Mittagspause, um die Berichte von letzter Woche in meinem Blog online zu stellen und noch meine Mails zu checken und zu beantworten. Alles Dinge, die ich eigentlich schon gestern machen wollte.

Weil es heute so heiß ist, verlängern wir die Pause noch ein wenig, ehe wir versuchen weiter zu machen. Eine Zeit lang geht es noch ganz gut, bis unser Tisch, auf dem wir die Funde ausgebreitet haben, von der Sonne in Anspruch genommen wird.

Um 17 Uhr starten wir schließlich unseren verspäteten Vortrag. Anthony erzählt uns etwas über die neolithische Fundstelle Herxheim im Elsass. Da er nur französisch spricht, ist es nicht ganz so einfach, allem genau zu folgen. Aber ich bin froh, als ich mich allmählich einfinde und den Großteil verstehe.

Es wird später und später und langsam aber sicher lässt unsere Konzentration nach, aber Johann und Cordula stellen immer wieder aufs Neue Fragen, sodass wir erst gegen halb 8 aufhören.

Es war ziemlich heiß heute. So heiß, dass Steffi und ich uns sogar gegenseitig mit dem Schlauch nassgespritzt haben. Jetzt hat es sich aber leider etwas zugezogen und es wird leicht kühler. Bleibt zu hoffen, dass das nicht der Vorbote für ein Unwetter ist.

Bald gibt es Abendessen. Wir müssen noch ein paar Reste aufbrauchen und so haben Cecilie und Cordula beschlossen, ein Käsesouflet zu machen, um das Eiweiß im Kühlschrank aufzubrauchen.
Damit beende ich mal den heutigen Bericht, denn der Apéro wartet auf mich.

17. Tag: 18. August 2009

Man könnte ihn den Tag der flexiblen Arbeitszeiten nennen. Nachdem das Grabungsteam nach dem Frühstück aufgebrochen ist, machen sich Steffi und ich uns an die Arbeit die gewaschenen Funde von gestern zu beschriften und einzusortieren. Danach haben wir wieder genug freien Platz um neue Funde zu waschen.

Irgendwie haben wir aber alle nicht so richtig die Motivation. Cordula hat bald den Scherbenkoller und spielt Klavier (Mondscheinsonate, wunderschön!) und Steffi und ich machen immer mal wieder Pause, um Tee zu trinken oder Kuchen zu essen. Ab und zu surfen wir auch ein bißchen im Internet. Das WLAN funktioniert wieder, juhu!!!

Anthony will heute für uns kochen, muss aber vorher noch einkaufen. Deshalb verspätet sich alles ein bisschen. Also beschrifte ich noch ein bisschen Scherben, bis ich wirklich keine Lust mehr habe.

Es wird Zeit für das Essen. Leider hat sich alles ein wenig verschoben, sodass nach dem Essen keine Zeit mehr für ein Schläfchen bleibt. Anthony will uns den Adobe Iluistrator beibringen. Dazu schnappt sich jeder von uns einen Institutslaptop, der extra schon mit einer Datei vorbereitet wurde. Ah, endlich mal wieder ein vernünftiger Laptop mit groooßen Tasten und groooßem Bildschirm! Anfangs ist das ganze noch etwas komplizierter, weil das Programm leider nur auf französisch ist, aber als es dann schließlich an die Spielereien mit den Tools geht, wird das ganze immer lustiger. Aufgabe: Zeichne ein Gefäß. Ihr könnt euch vorstellen, was da alles für lustige Bilder rausgekommen sind.

Nachdem wir noch den Berg an dreckigem Geschirr vernichtet haben, wollen Steffi und ich uns eigentlich wieder um die Funde kümmern. Keine Chance! Anthony besteht darauf, dass wir Scherben zusammensetzen. Und kaum hab ich damit angefangen, hab ich auch schon meine Passscherbe.

Damit ist mein Soll auch schon erfüllt, denn es ist 6 und das bedeutet, dass Steffi und ich langsam anfangen sollten zu kochen, denn Anthony würde gerne schon um 7 essen, weil sein Sohn ja schon früh ins Bett muss.

Die Frage ist nur: was kochen wir eigentlich? Geplant war Kartoffelpüree. Das Problem ist, dass auf unerklärliche Weise die Kartoffeln verschwunden sind. Also disponieren wir kurzfristig auf Reis um, zusammen mit ein paar marinierten Hühnerschenkel, Resten von Lamm und einem Tomaten-Auberginen-Mozzarella-Gemüse. Voila!

18. Tag: 19. August 2009

Wir haben Besuch bekommen, in Form eines kleinen schwarzen Skorpions, der sich in unserem Badezimmer herumgetrieben hat. Dieser hatte aber mehr Angst vor uns, als wir vor ihm und so flüchtete er in die Tiefen des Abwasserrohrs.
Zum Frühstück erscheinen die Leute heute nur zögerlich. Gestern sind einige von uns wohl noch ziemlich lange aufgeblieben. Unter anderem haben Erik und Johann versucht Silexgeräte herzustellen, was zur Folge hatte, dass man noch ziemlich lange das laute Schlagen hören konnte.
Nachdem wir alles eingepackt haben, geht es heute wieder zur Höhle. Diesmal tauschen wir die Gruppen, das heißt: Steffi und ich graben draußen, Cordula und Johann drinnen. Eigentlich haben wir uns drauf gefreut, schließlich spart man sich draußen das lästige Leiterklettern. Mittlerweile scheint dieses Manöver nämlich noch riskanter als letzte Woche zu sein, denn es sind inzwischen so viel Erde und Fels heruntergebrochen, dass die obere Stufe fast völlig unterhöhlt ist. Man kann sich noch so vorsichtig auf den Sprossen bewegen, es geht nicht, ohne eine Ladung runterbröckeln zu lassen. Wie gut, dass Steffi und ich mit Helmen ausgestattet sind.
Bald schon erkennen wir, dass auch dieser Teil kein Zuckerschlecken ist. Klettern muss man nicht, dafür ist der Boden dermaßen hart, dass man fast einen Schlagbohrer brauchte, um durchzudringen. Aber schließlich sind wir ja Archäologen, das heißt nichts da mit schwerem Gerät! Stattdessen bekommen wir eine Kelle in die Hand gedrückt und ziehen in die Schlacht gegen harte Böden und riesige Felsbrocken. Unser Tagesziel ist, dass jeder von uns einen Abhub von 10cm in seinem Quadrant macht. Das klingt nicht viel, aber es wird mit der Zeit ganz schön mühsam. Blasen an den Händen und eine hübsche Sehnenscheidenentzündung sind praktisch schon vorprogrammiert, ganz abgesehen davon, dass man kaum ein vernünftige Sitz- oder Knieposition findet, um zu graben.

An Funden werden wir leider nicht so reich beschenkt, wie letzte Woche, wo wir Berge an Knochen und Scherben aus der Höhle holten. In Steffis Sektor befindet sich wenigstens ein kleiner Abschlagplatz, den aber eigentlich schon Laura am Vortag freigelegt hat und heute nur noch geputzt werden musste. Bei mir findet sich rein gar nichts, außer einer schönen Perle.
Als wir gegen halb 5 unsere Sachen zusammenpacken, sind Steffi und ich noch nicht ganz zufrieden mit unserem Werk. Da müssen wir morgen wohl noch ein wenig dran arbeiten.

Eingestaubt machen wir uns auf den Heimwerk. Besonders Johann sieht aus, als wäre er Kopf voraus ins Loch gekrochen. Wir sind alle so fertig, dass es fast totenstill im Auto wäre, wenn es nicht mit Samuels türkischer Musik beschallt wäre. Falls ich es noch nicht erwähnt habe, tue ich es jetzt. Samuel hat eine Vorliebe für alle Art von orientalischer Musik von Algerien über Türkei bis in die entlegendsten arabischen Länder. Am liebsten hört er sie in voller Lautstärke bei offenem Fenster. Eine CD davon stammt von einer Frau mit Künstlernamen Gülümse. Ich werde mal bei Gelegenheit versuchen das Lied von ihr zu finden, das uns die ganze Zeit über begleitet hat, bis es fast keiner mehr hören konnte.

Zurück nach Aurabelle. Die anderen sind eifrig am Puzzeln und Funde waschen, als wir zurückkommen. Jetzt wird es erst mal Zeit für ein erfrischendes Bad im See und einer anschließenden warmen Dusche (ungestört vom Skorpion, der sich nicht mehr raus traut).
Während Erik und Daniel heute für uns kochen surfen wir noch ein bisschen im Internet. Offensichtlich hat es sich nun rumgesprochen, dass mein Blog an erster Stelle steht, wenn man bei Google „Mourre de la Barque“ eingibt *allen mal zuwink, die das lesen*.
Es sieht ziemlich grau aus draußen. Bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder so ein Unwetter gibt wie vor einer Woche.

19. Tag: 20. August 2009

Gestern sind die meisten von uns unglaublich früh ins Bett, aber wer glaubt, dass wir alle topfit sind am morgen, irrt sich. Im Gegenteil! Letzte Nacht hielt uns ein schreiendes Käuzchen wach, zusätzlich zum üblichen Gurrgurr der Tauben, an das wir uns mittlerweile gewöhnt haben.
Auf dem Weg zur Höhle bringt Cordula Samuel dazu, eine CD von Gustav einzulegen, ein Sänger aus Fribourg, der mal deutsch, mal französisch singt (auch wenn Samuel es mit der Drohung kommentiert hat: „Wenn das deutsche Musik ist, schmeiß ich sie raus“.)

In der ersten Stunde sind Steffi und ich noch damit beschäftigt, den Rest von gestern abzutragen und alles zu glätten. Dann können wir uns ans Zeichnen machen. Ausgestattet mit Milimeterpapier, Zeichenbrett und Bleistift kann es schon fast losgehen. Aber eben nur fast. Vorher braucht man noch jede Menge Zollstöcke, Fixpunkte usw, um jeden verfluchten Stein in den beiden Quadranten zu vermessen und maßstabsgerecht zu Papier zu bringen.

Bis zum Mittagessen führe ich den Stift und Steffi misst, danach tauschen wir die Rollen. Zunächst sind wir noch sehr eifrig und genau, doch je später es wird und je mehr Steine von riesengroß bis winzigklein darauf warten vermessen zu werden, desto nerviger wird die ganze Sache.

Als wir am Abend schließlich zusammenpacken, lässt sich das Ergebnis eigentlich sehen, es fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten und Vermessung der Höhen. Wir sind müde und dreckig und uns ist heiß. Beste Voraussetzungen für ein Bad im See mit anschließender Dusche.
Heute ist der perfekte Abend, um sich noch ein klein wenig zu entspannen, während Samuel und Anthony für uns Galettes und Crepes machen.

Es dauert fast bis halb 10, bis das Essen fertig ist, dafür erwartet uns auch der perfekte Service. Jeder darf nämlich Bestellungen aufgeben, was er auf sein Galette haben will, so lange bis wir bald platzen. Und zu guter letzt noch feine Crepes natürlich wieder mit Füllung nach Wahl. Hinterher können wir uns kaum noch regen, so voll sind wir. Aber auch müde, also schleppen wir uns ins Bett.

20. Tag: 21. August 2009

Heute will keiner so recht aus dem Bett, schon gar nicht ich. Als ich aus dem Zelt kletter kommt es mir jedenfalls so vor, als wäre es noch mitten in der Nacht, auch wenn am Horizont die Sonne aufgeht und man den Pferden im Nebel beim Grasen zuschauen kann.

Heute führt kein Weg dran vorbei, die Scherben warten wieder. Aber die ganze Aktion ist ziemlich frustrierend, zumindest ist der Erfolg sehr gering.
Dementsprechend sind wir auch wenig motiviert.

Nach dem Mittagessen und der viel zu kurzen Mittagspause zeigt uns Samuel, welche Methoden es gibt, um Keramik zu zeichnen. Wenn dann auch Anthony dazu kommt, sind das Albernheiten hoch zwei.

Jetzt müssen nur noch die restlichen Stunden mit den Scherben überstanden werden, bis das Wochenende näher und näher rückt. Verkürzt wird diese Durststrecke noch ein bißchen dadurch, dass uns Isabelles Tochter Sarah einen kleinen Vortrag über ihre Arbeiten an den Knochengeräten von Mourre de la Barque hält.

Ganz stolz sind Steffi und ich, weil wir endlich alle Funde gewaschen und eingetütet haben. Aber wir haben natürlich nicht mit Samuels Arbeitseifer gerechnet. Von irgendwoher zaubert er noch einen Berg voller Säckchen her, die am Montag bearbeitet werden müssen.


Als die Uhr dann 7 schlägt und wir alle auseinander strömen, taucht noch jemand ganz anderes auf: Steffis Vater und ihre Patentante sind übers Wochenende zu Besuch. Sie haben sich ein Zimmer in einem kleinen Hotel in Vinon genommen, wo wir vier heute ein feines Abendessen genießen wollen. Und genießen kann man dort wirklich:
Tomaten-Gazpacho
salziges Gebäck
eine kalte Scampi-Suppe mit Croittons und einer Senf-Soße
Lamm mit Kartoffeln und Bohnen
verschiedene Käse
Himbeer Soufflé


Ja, das klingt fein, nicht? Hinterher sind wir alle jedenfalls kugelrund. Und ganz nebenbei hab ich so einiges an verrückten Geschichten über Steffis Familie gelernt. Gut Nacht!


21. Tag: 22. August 2009

Es ist mal wieder Samstag, das bedeutet. Ausflugstag. Natürlich fahren wir mal wieder später ab als geplant, aber gegen halb 10 sitzen wir dann doch alle im Auto und die Fahrt kann beginnen. Ausgeliefert zwischen den Wänden des fahrenden Untersatzes können wir nicht fliehen als Gülümse in Dauerschleife läuft. Schwer zu sagen, was da gesungen und was da gequält geschrieen wird, damit diese Folter endlich aufhört. Erleichterung pur, als dann doch wieder Gustav aus den Lautsprechern dudelt.

Bei diesem herrlichen Wetter kann man wunderbar die Landschaft der Provence genießen, auch wenn die Jungs in der Reihe vor uns lieber die Augenlider auf innere Verletzungen kontrollieren.
Über Berge, vorbei an Lavendelfelder, Olivenbaumplantagen, Wälder und Täler mit kiesigen Flüssen geht es westwärts in die Gegend um Arles. Dort suchen wir lange, bis wir endlich fündig werden und eines der unterirdischen Felsengräber aus dem Neolithikum finden. Eines davon liegt direkt an der Straße, die anderen finden wir erst, als wir auf das Gelände eines Restaurants fahren, das mitten im Nirgendwo liegt. Keine Exkursion ohne einen Streifzug durchs Gebüsch, so auch diesmal. Aber zum Glück nicht ganz so sehr in Extremform wie letzte Woche. Schon nach einem kurzen Stück finden wir wieder eine unterirdische, feuchte Kammer, wo man nicht viel sieht außer Dunkelheit und man dabei von Mücken aufgefressen wird.

Allmählich plagt uns der Hunger, aber Samuel kennt keine Gnade. Zuerst muss das römische Viadukt gefunden werden, wo wir uns im Schatten eines Baumes niederlassen und dort unser Picknick verschlingen. Der einzige für den das Essen zweitrangig scheint, ist Johann, dessen Herz sofort höher schlägt, wenn er etwas römisches sieht.

Einige Sandwiches und Crepes später können wir uns der römischen Architektur widmen und die schöne Aussicht auf die dahinterliegende Ebene genießen.

Weiter geht es zu den Ruinen einer römischen Stadt. Es ist heiß und nicht jeder von uns schleppt sich von Tafel zu Tafel, um sich die Ruinen anzusehen, die von den Galliern über die hellenistische bis zur römischen Zeit reichen. Aber ein paar von uns lassen sich nicht von der Sonne einschüchtern. Besonders der Aufstieg auf den Aussichtspunkt lohnt sich, von wo man bis zu den schneebedeckten Bergen schauen kann.

Gegen 5 finden wir uns alle in der Taverne bei einem kühlen Getränk wieder. Eigentlich wäre für heute noch mehr auf dem Programm gestanden, aber keiner von uns hat dafür noch die richtige Muße. So ist jeder mit dem Entschluss einverstanden, dass wir uns auf den Heimweg machen.
Auf der langen Fahrt zurück nach Aurabelle unter den Klängen orientalischer Musik, versuchen die Jungs zu schlafen und wir Mädels auf der Hinterbank beschäftigen uns lieber mit wirklich wichtigen Themen. Zum Beispiel mit einem kleinen, süßen Ort namens Merindol, der Steffi und Laura einfach an Zahnpasta erinnert. Als die beiden eine Umfrage über den besseren Werbeslogan starten, scheint das Erik endgültig in den Wahnsinn zu treiben.

Zurück in Aurabelle warten Steffis Papa und Patentante bereits, um uns beim abendlichen Grillabend zu unterstützen. Heute ist logistische Höchstleistung gefragt, denn neben diesen Gästen erwarten wir heute auch noch Isabelle und ihre Familie, was uns auf insgesamt 17 Personen bringt, die irgendwie an diesem Tisch untergebracht werden müssen.

Isabelle bringt uns außerdem noch rumänische Fanta mit. Was ist das, fragt ihr? Nun, es scheint wie eine harmlose, farblose Flüssigkeit in einer stinknormalen Fantaflasche. Aber wenn man davon probiert stellt man fest, dass es sich um einen Schnaps handelt, der es ganz schön in sich hat. Den braucht Steffi aber gar nicht mehr, sie hat schon genug von ihrem „Papagei“ (Bastis mit Minzsirup).

Nach und nach verstreuen sich die Leute in alle Himmelsrichtungen. Auch Steffis Verwandte fahren zurück ins Hotel. Steffi und ich hingegen setzen uns noch ein wenig auf die Wiese und betrachten den wunderbar klaren Sternenhimmel, bevor auch wir im Zelt verschwinden.

22. Tag: 23. August 2009

Es ist Sonntag, das heißt ausschlafen! Denkste! Pünktlich um 7 reißt uns Gülümse aus dem Schlaf. Nicht zu fassen! Das war die Rache der Jungs für den regelmäßig wiederkehrenden Lachanfall von Cecilie und Cordula. Aber an Schlafen ist jetzt natürlich nicht mehr zu denken. Trotzdem dösen wir noch weiter, bis es zu heiß im Zelt wird.

Zu lange können wir sowieso nicht schlafen, schließlich müssen wir uns noch von Laura verabschieden, die heute schon nach Hause fährt, weil sie bereits nächste Woche wieder einen archäologischen Feldkurs hat.

Pünktlich um halb 10 holt uns Steffis Vater ab, damit wir auf den Markt von Vinon fahren können. Dort gibt es alles, was das Herz begehrt, von frischem Obst und Gemüse, über Käse, Brot und allerhand anderer Dinge. Jetzt habe ich auch endlich mal die Gelegenheit ein paar Souvenirs einzukaufen, zumindest den ersten Teil davon.

Gegen Mittag bringen wir unsere Einkäufe zurück nach Aurabelle, um im Gegenzug unsere Badesachen zu holen. Das schöne Wetter lässt sich am besten an einem kühlen See genießen, wie den Esperon du Verdon, einem Stausee, der sich ideal zum Baden eignet. Leider ist dieser absolut kein Geheimtipp mehr, sodass Steffi und ich schon mal versuchen eine geeignete Stelle zum Baden zu finden, während die anderen zwei versuchen einen Parkplatz zu ergattern.
Nach ausgiebigen Erkundungen finden wir ein nettes Plätzchen am Felsstrand und tauchen ein in das wunderbar kühle Nass.

Wir wollen am liebsten gar nicht mehr raus, aber um 1 müssen wir schon wieder aufbrechen, um uns etwas Essbares zu beschaffen. Wir werden am See von Quinson fündig, dort wo wir vor ein paar Wochen noch eine denkwürdige Erfahrung mit dem Kanu gemacht haben. Hier gibt es ein nettes kleines Restaurant, wo ich endlich die Gelegenheit nutzen kann, um Moules Frites zu essen. Schließlich kann man doch nicht nach Frankreich fahren, ohne einmal frische Muscheln gegessen zu haben.

Nach dem Essen führt der Rückweg über die Hügel bis zu einem Ort, der den interessanten Namen „Allemagene en Provence“ (Deutschland in der Provence) trägt. Fragt mich nicht, wer auf diese Idee gekommen ist. Jedenfalls gibt es dort einen großen Souvenirshop mit allerhand einheimischen Produkten, sodass man sich gar nicht entscheiden kann, was man nehmen soll. Schließlich finde ich aber doch ein paar Sachen und kann auf diese Weise zufrieden zurück fahren.

Für Steffis Papa und Patentante heißt es jetzt Abschied nehmen, denn sie treten jetzt den Rückweg in die Schweiz an. Stef und ich können uns also überlegen, wie wir den Nachmittag verbringen wollen.

Ich entscheide mich dafür, mich wieder unter meinen Lieblingsbaum zu setzen und dort mein Buch fertig zu lesen. Wirklich! Ich habe es tatsächlich fertig gelesen. Das geht aber länger als erwartet, sodass ich pünktlich zum Abendessen fertig bin.
Ansonsten gibt es nichts besonderes über diesen Abend zu berichten, außer dass der Sternenhimmel mal wieder phänomenal ist. Gut Nacht!

Montag, 17. August 2009

Eine neue Woche

9. Tag: 10. August 2009

Was um alles in der Welt hat diesen Kerl geritten, dass er uns in aller Herrgottsfrühe aufstehen lässt? 7 Uhr war ja schon früh genug, aber jetzt muss man schon eine halbe Stunde früher aufstehen, wenn man rechtzeitig zum Frühstück kommen will. Ab heute sind wir nämlich in zwei Gruppen eingeteilt: Gruppe 1 zu der Steffi, Cecilie, Johann und ich gehören, bleiben weiterhin hier und setzen Scherben zusammen, während der Rest von uns mit Samuel zur Höhle fährt und dort gräbt. Warum das ganze eine halbe Stunde früher sein muss, verstehe wer will.

Gruppe 2 macht sich nach dem Frühstück also vom Acker und wir starten in eine neue Woche voller neolithischer Scherben. Aber um es gleich vorweg zu nehmen: heute ist nicht ein Tag wie jeder andere; heute ist ein Glückstag! Zunächst sotiere ich noch ein paar Scherben ein und kaum habe ich mit dem Puzzeln angefangen, stoße ich schon auf die erste Passscherbe! Wunderbar! Dieser Erfolg wird noch dadurch getopt, dass ich zum selben Gefäß bald darauf wieder eine finde *jubel*. Auch die anderen hat der Ehrgeiz gepackt und das Ergebnis lässt sich wirklich sehen. Brigitte ist besonders stolz, dass ihr Gefäß mehr und mehr Gestalt annimmt, denn immerhin gehört es zu den wenigen Bronzezeitgefäßen und diese kann Samuel gar nicht leiden (er hat was gegen die Bronzezeit, aber ich kann nicht verstehen, wieso).

Ohne Daniel und Erik ist es fast totenstill hier im Zelt, was das ganze zwar weniger amüsant macht, aber dafür können wir uns wohl besser konzentrieren als sonst und puzzeln eifrig vor uns hin.

Zum Mittagessen machen Steffi und ich noch schnell einen Tomaten-Mozzarella-Salat und stellen Reste von gestern auf den Tisch. Natürlich schauen wir zu, dass alles zum richtigen Timing passiert, sodass wir nach dem Essen noch eine Stunde zum Ausruhen haben.

Dummerweise bilde ich mir ein, die Zeit nutzen zu müssen, um ein paar Fotos in meinen Blog einzubinden, anstatt ein Mittagsschläfchen zu halten. Das rächt sich später damit, dass ich größte Mühe habe beim Vortrag von Brigitte über Material und Verarbeitung von Keramik die Augen offen zu halten.

Anderen geht es wohl nicht anders, sodass Brigitte nach dem Vortrag noch eine kurze Pause einplant, bevor wir mit den Scherben fortfahren. Also ganz kurz die Augen zugemacht, noch einen Traubenzucker eingeworfen und dann wieder an die frische Luft.

Heute Nachmittag wechsel ich die Farbe. Während ich mich heute morgen auf rote Scherben konzentriert habe, bleibe ich jetzt bei den beige/braunen. Mit Erfolg, wie sich zeigt, denn auch hier finde ich Ergänzungsstückchen. Wenn das nicht mal ein guter Tag ist.

Dementsprechend sind wir alle sehr stolz, als Samuel am Abend mit den Gräbern zurückkommt, die ganz schön staubig aussehen. Offenbar sind auch sie fündig geworden.

Außerdem hat Samuel noch jemand mitgebracht: das Besitzerehepaar unserer Höhle. Sie interessieren sich sehr für unsere Arbeit und bestaunen alles. Kein Wunder, schließlich gehört nach französischem Recht eigentlich alles ihnen.

Die Ausgräber dürfen sich gnädigerweise im See abkühlen, während wir noch tapfer weiter puzzeln, bis die Uhr 7 schlägt. Eigentlich habe ich ja noch gehofft, ein weiteres Stück zu finden, weil ich mit Steffi eine Wette am Laufen hatte, bei der ich ihren Schokokuchen hätte gewinnen können, sofern ich vor ihr noch eine passende Scherbe gefunden hätte. Aber da wir beide erfolglos geblieben sind, hat sich das erledigt.

Nach einer erfrischenden Dusche, lässt man die Haare am besten in der warmen Sonne trockenen. Brigitte kocht heute für uns und es duftet schon sehr fein. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, heute will ich wirklich früher ins Bett. Sonst dös ich morgen vermutlich noch über den Scherben ein.


  1. Tag: 11. August 2009

Ich habs tatsächlich geschafft, gestern etwas früher ins Bett zu gehen, aber das hilft rein gar nichts, wenn um halb 7 wieder der Wecker klingelt. Irgendwie eigenartig, als ich aufstehe, scheint jeder noch zu schlafen, aber als ich aus dem Bad komm, sind die meisten schon am Wuseln.

Der Sinn dieser halben Stunde ist mir immer noch nicht ganz klar, denn bis das Grabungsteam weg ist, ist es ja sowieso wieder nach 8.

Wir hingegen widmen uns wieder den Scherben. Leider hält die Glücksträhne von gestern nicht so ganz und so brauchen wir neue Motivation. Wo gehobelt wird, fallen Späne und wo Scherben zusammengesetzt werden, dröhnt schon bald Musik aus unserem Arbeitszelt.

Ja, auch wir verbessern unsere Infrastruktur und zwar tun wir das, indem wir einen Laptop mit Lautsprecherboxen aufbauen und eine CD nach der anderen reinschieben. Wir starten zunächst mit einer Berner Band und enden gegen Mittag in den 60er.

Besonders hilfreich ist das nicht, weil unsere Erfolgsquote gering ist, aber wenigstens eine Passscherbe finde ich durch Zufall. Brigittes Laune ist hingegen an einen Tiefpunkt angelangt, weil einfach nichts passen will.

So beschließen Steffi und ich, dass es Zeit ist, das Mittagessen vorzubereiten.

Als wir dieses vertilgt haben, haben wir noch eine Stunde Zeit zum Ausruhen und diesmal nutze ich sie auch. Geschickt gelingt es mir vor Steffi das Sofa zu belagern, wodurch sie leider gezwungen ist, sich ein Bett aus Polster auf dem Boden zu bauen. Nur ein paar Minuten vergehen, dann sind wir beide weg vom Fenster. Geweckt werden wir pünktlich zum Vortrag, als Cecilies unverwechselbares Lachen in den Wänden dröhnt, weil sie sich eine Wasserschlacht mit Johann liefert. Diesem Vorbild schließen wir uns gerne an, nutzen aber als Waffen lieber ein paar Kissen, bis wir beide wach sind.

Wir beginnen heute mit einem praktischen Teil, in dem wir uns ein paar Scherben genau ansehen, um an ihnen Bearbeitungsspuren festzustelen. Anschließend erstellen wir einen Merkmalskatalog, ehe uns Brigitte noch einen Vortrag über die sozialgeschichtliche Dimensionen der Keramik hält. Dieser mischt vor allem die alten Klischees auf, nach denen einfache Handkeramik Frauensache und technologisch entwickelte Drehscheibenkeramik bei den Männern lag.

Heute ist es extrem heiß, weshalb es gut ist, dass wir eine Stunde später als sonst wieder raus gehen und weiter an den Scherben basteln. Noch immer totale Flaute. Auch, als wir Samuel anrufen und er uns erlaubt noch ein paar Kisten mehr auszuräumen, wird es nicht viel besser.

Dann endlich mein Durchbruch! Ich beschließe, mich noch einmal dem Gefäß von gestern zu widmen und Pascalle findet ein hübsches großes Teil für mich, zu dem ich schon bald die passende Bruchstelle hab. Und die Glückssträhne geht weiter. Pascalle und ich sind ein gutes Team. Zusammen wächst unser Gefäß um ein ganz schönes Stückchen an, was später stolz von Samuel betrachtet wird, als er mit den anderen zurückkommt. Der Rest von uns hatte leider nicht so viel Glück. Besonders Brigitte ist frustriert, dass sie heute einfach nichts gefunden hat. So sagt sie sogar noch vor 7, dass wir aufhören können, bevor wir noch eine Scherbenvergiftung bekommen.

Bis zum Abendessen – die Jungs wollen Chilli Concarne machen – dauert es noch etwas, sodass Steffi und ich noch die günstige Gelegenheit ergreifen, um in den See zu hüpfen. Samuel beglückt inzwischen Cecilie mit einer neuen Klobrille, weil die alte schon seit ein paar Tagen kaputt ist, was vor allem Cecilie nicht losgelassen hat.

Die Rache für die freche Signatur auf der Klobrille lässt nicht lange auf sich warten. Mutig greift Cecilie zur Sprühsahne, wartet den günstigsten Moment ab und verpasst Samuel schließlich ein hübsches weißes Häubchen. Rache ist eben buchstäblich süß.

Da es nun gleich Essen gibt, will ich noch kurz ein paar Verbesserungen anschließen was die Katzennamen angeht. Der Schwarze heißt Gouravon, die halb blinde alte Dame heißt Sissi, benannt nach der österreichischen Kaiserin. Die graue, hochschwangere Dame, heißt Minou und inzwischen ist sie auch nicht mehr schwanger, sondern stolze Mutter von 4 kleinen Kätzchen, die wir aber leider noch nicht zu sehen bekommen haben.

Morgen geht es endlich auch für uns auf die Grabung, da bin ich schon mächtig gespannt.


  1. Tag: 12. August 2009

Heute war ein anstrengender Tag mit mittelmäßigem Erfolg. Aufstehen ist natürlich wieder wie immer um halb 7 angesagt. Das Einschlafen gestern war alles andere als einfach, weil Cecilie aus irgendeinem Grund in einen schrillen Lachkrampf ausgebrochen ist, der uns alle wachgehalten hat.

Das ändert aber nichts daran, dass ich mich müde ins Bad schleppe und dann erst beim Frühstück so recht wach werde.

Leider beginnt mein Tag mit einer schlechten Nachricht, die in gewisser Weise auch euch betrifft: meine Digicam hat den Geist aufgegeben. Mit anderen Worten, ich kann für die restliche Zeit keine Fotos mehr machen und kann nur hoffen, dass Steffi diesen Part ausgiebig für mich übernimmt.

Heute ist endlich mal graben angesagt. Dazu packen wir ausreichend Futter, sowie etwas Ausrüstung und den Generator ein und fahren zu unserer Höhle. Dort werden wir erneut aufgeteilt. Johann und Cecilie graben heute und morgen vor der Höhle, während Steffi und ich rein gehen. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Vor der Höhle muss man viel akribischer arbeiten und jeden Fund genau einmessen. Drinnen hingegen müssen wir nur Abhübe von je 10cm in einer kleinen Fläche machen und die geschaufelte Erde später sieben, um sie auf Objekte zu durchsuchen. Dafür hat man vor der Höhle weit weniger Mühe zum Sieb zu kommen. Wenn wir das machen wollen, müssen wir die vollen Eimer erst in einem halsbrecherischem Manöver die Hühnerleiter hoch und die andere Leiter dann wieder runter transportieren.

Aber mit der Zeit bekommen wir richtig Routine darin und finden einen Rhythmus, wie wir uns abwechseln, denn in der Ecke der Höhle ist nur Platz für einen zum Graben, während der andere die Erde zum Sieb bringt und sie dort durchsucht.

Jetzt sind gute Augen gefragt. Nach dem Sieben bleibt einiges zurück, doch das meiste sind nur unbedeutende Steine und Erdklumpen. Aber wenn man sich erst mal richtig eingesehen hat findet man auch viele Tierknochen, Keramikscherben und hin und wieder sogar ein Silexartefakt. Besonders stolz bin ich auf meine Pfeilspitze, an der man die Bearbeitungsspuren noch ganz deutlich sehen kann.

Um halb 1 machen wir unsere Mittagspause. Dazu setzen wir uns auf ein paar Steine und verspeisen unseren Proviant.

Auch heute ist es wieder sengend heiß. Das Thermometer geht auf die 38 Grad zu, da haben wir Glück, dass unsere Höhle auf der Nordseite liegt und außerdem von Bäumen geschützt ist. In diesem Sinne hat man sogar Glück, wenn man in der Höhle arbeiten kann, weil dort angenehm kühle Temperaturen herrschen.

Verrückterweise sind wir nicht die einzigen, die sich in der Höhle rumtreiben. Als es nämlich gegen Abend zugeht, stoßen wir in unserem Schnitt ausgerechnet noch auf einen Mäusebau. Mit dem Resultat, dass nach und nach kleine süße Mäuschen aus den Löchern huschen und verzweifelt versuchen, vor uns zu flüchten. Uns tut es ja leid, dass wir genau dort graben müssen, aber da können wir nunmal nichts daran ändern.

Als wir um 17 Uhr Schluss machen, haben wir insgesamt 30cm für heute abgetragen. Nicht ganz so viel, wie wir eigentlich vorgehabt hatten, aber immerhin schon mal ein Anfang.

Fix und fertig und vor allem total staubig wagen wir uns an den Abstieg und huschen geschwind über die Straße zum Auto. Jetzt nichts wie los unter kaltes Wasser. Vorher machen wir aber noch einen Abstecher zu einem Obst- und Gemüsehändler, um dort noch etwas Obst zu kaufen.

Zurück in Aurabelle, können wirs kaum erwarten, unter die Dusche bzw. in den See zu kommen. Ich bevorzuge die Dusche, weil ich irgendwie zu müde zum Schwimmen bin. Dafür spar ich mir das warme Wasser und komme hinterher wie ein Eisklotz raus. Welch eine Erfrischung!

Habt ihr euch schon mal an eurem Duschgel die Finger verbrannt? Das geht ganz einfach: Lasst euer Duschzeug den ganzen Tag im Zelt in der prallen Sonne stehen und wartet nicht, bis es sich wieder abgekühlt hat. Voilá!

Heute kocht Pascale für uns und es duftet schon mega fein. Eins ist aber sicher, heute bin ich so totmüde, dass selbst ein Lachanfall aus dem Nachbarzelt mich nicht wachhalten kann.



  1. Tag: 13. August 2009

Die Nebel von Av...äh...Aurabelle. Sie ziehen noch über die Weiden und Felder als ich mühsam aus dem Zelt krieche. Heute will irgendwie so gar niemand richtig aufstehen. Aber schlussendlich führt kein Weg dran vorbei, dass auch heute wieder Arbeit angesagt ist.

Diesmal begleitet uns auch Arvid zur Grabung in Mourre de la Barque. Er gräbt zusammen mit uns im Inneren der Höhle. Um Platzproblemen vorzubeugen bekommen wir noch einen zweiten Quadrant, den wir zu bearbeiten haben.

Also auf ein Neues mit Buddeln, Eimer schleppen und Sieben. Arvid ist auch freudig dabei, bevorzugt aber lieber unseren alten Quadrant, weil man dort weniger auf die Schichten achten muss.

Zur Mittagspause gibt es natürlich wieder ein feines Picknick mit Brot, Salami und Käse. Als es zum Nachtisch Melone gibt, erzählt uns Samuel von all den Spielen, die man mit Melonenschalen anstellen kann. Unter anderem ein Schalenrennen auf einem Abhang voller Asche. Leider haben wir keinen Ascheabhub mehr, sodass es nicht so gut funktioniert. Dafür starten wir einen Schalenweitwurf. Anschließend versuchen Samuel und Arvid aus den umliegenden Steinen Abschlagwerkzeuge herzustellen, was aber eher minderen Erfolg hat.

Am Nachmittag geht es weiter mit der Graberei. Dabei ist es gar nicht so einfach, sich auch an die Schichten zu halten, wenn diese sehr schwer zu erkennen sind. Dafür freuen wir uns über ein paar große Knochen und Scherben, ansonsten gibt es nichts Spektakuläres zu berichten.

Da Samuel heute noch Besuch bekommt, will er schon um 16 Uhr aufhören. Mit dem Resultat, dass wir ein ganz schönes Chaos hinterlassen, obwohl wir uns bemühen alles noch in Ordnung zu bringen. Die Zeit reicht aber leider nicht, um noch den Abhub fertig zu bringen. Tja, die nächsten werden sich freuen.

Ich bin nicht ganz so müde wie gestern und der Muskelkater kann ohnehin nicht schlimmer werden. Also was spricht dagegen noch ein kurzes Bad im See zu nehmen? Hinein ins kühle Nass!

Der Spaß ist aber nur von sehr kurzer Dauer, denn Steffi und ich müssen bald wieder raus, um das Essen zu kochen. Eigentlich wollten wir ja Pouletgeschnezeltes mit Rahmsoße machen, aber da das Einkaufsteam keine Hühnerbrust sondern Schenkel gebracht hat, disponieren wir ein kleinwenig um. Wir improvisieren mehr oder weniger, mit dem Resultat, dass es erstaunlich gut schmeckt. Nur die Nudeln ärgern uns ein kleinwenig, besser gesagt das Nudelwasser, denn es will und will einfach nicht kochen. Erst nach langem Warten können wir unser Menü vollenden und auftischen.

Die Zeit schreitet voran und wir unterhalten uns noch lange unter dem Sternenhimmel, unter anderem auch mit Samuels Freund Henning, der uns für ein paar Tage besucht. Als die meisten von uns eigentlich schon überlegen, ins Bett zu gehen, wartet Brigitte aber plötzlich noch mit einem Film über die Keramikherstellung bei einer ägyptischen Großfamilie auf. Wir sind alle sehr müde, aber unsere Neugier siegt schließlich.

Der Film ist interessant, wenn auch wenig hilfreich, um die Augendeckel oben zu halten. Dementsprechend ist es verständlich, dass wir hinterher nach und nach ins Zelt huschen.


  1. Tag: 14. August 2009

Es macht wenig Unterschied, dass wir heute eine viertel Stunde länger schlafen können. Zumindest können wir davon ausgehen, dass es heute nicht körperlich anstrengend wird, wie an den Grabungstagen, dafür verlangt es wieder sehr viel Konzentration, um Passscherben zu finden.

Irgendwie tue ich mich heute sehr schwer einen Anfang zu finden, bzw. eine Scherbe, die mich anspricht. Also besinne ich mich noch einmal auf mein Lieblingsgefäß und tatsächlich! Ich finde eine kleine Scherbe, die exakt in eine Lücke passt. Leider ist das aber auch schon wieder alles, was dieser Tag an Erfolgserlebnissen zu bieten hat. Da kann auch nicht der Soundtrack zu Fluch der Karibik 1-3 helfen, der aus den Boxen des Laptops erschallt. Auch Henning versucht ein wenig sein Glück, aber auch er wird nicht wirklich fündig.

Nach dem Mittagessen ist wieder etwas Ruhe angesagt. Steffi und ich bestreiten ein Wettrennen um das Sofa, das ich gerade so gewinne, mit dem Resultat, dass sie sich einfach auf mich wirft. Keine Chance, ich weiche nicht. Sie unternimmt zwar den Versuch, einfach auf mir zu schlafen, doch als ihr das zu unbequem wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich doch ein paar Polster von den Sesseln zu nehmen und sich wieder auf den Boden zu legen.

Doch erneut begeht sie einen schwerwiegenden Fehler, als sie nochmal aufsteht, um etwas in die Waschmaschine zu werfen, denn Daniel findet dieses provisorische Bett einfach zu verlockend und wirft sich ungeniert drauf. Fluchend und jammernd grabscht sich Steffi also noch die letzten Polster und kommt dann endlich zu Ruhe. Auch Laura hat es sich in einem Sessel bequem gemacht und schlussendlich gesellt sich auch Erik zu uns, der aber mehr oder weniger nur auf dem bloßen Boden schlafen kann. Egal, Hauptsache schlafen.

Brigitte findet das natürlich überaus amüsant und kann sich nicht beherrschen ein Foto von dieser verrückten Szene zu machen (ich werde versuchen, das Foto irgendwann mal aufzutreiben). Oh welch eine erholsame Ruhe! Zumindest bis zu dem Moment, als Erik mit einem lauten Klatscher eine Fliege vernichtet. Mittlerweile ist es schon nach 14 Uhr und Samuel möchte jetzt langsam mit seinem Vortrag anfangen. Also lauschen wir seinen Erklärungen über Seriation und Korrespondenzanalysen.

Danach widmen wir uns wieder den Scherben, auch wenn es wenig motivierend ist, wenn man nichts findet. Steffi versucht dem zwar entgegen zu wirken, indem sie Green Day aufdreht, aber das hilft meinem Glück nicht weiter. Erst Recht nicht, als Samuel mir noch den Auftrag gibt, Wandscherben für ein bestimmtes Gefäß zu finden, dass so gar keine markanten Merkmale hat. Ich such und such und irgendwie passt alles und gar nichts. Also gebe ich die Suche irgendwann auf und verbringe meine Zeit lieber damit, noch ein paar Scherben zu beschriften, dann tue ich wenigstens etwas Sinnvolles.

Abendessen kochen heute Laura und Johann. Es gibt Schweinefleisch süßsauer mit Reis, aber bis es soweit ist, dauert es noch ein bißchen. Zeit genug also, um vorher einen Apéro einzulegen und ein wenig zu quatschen. Inzwischen ist auch Hennings Frau eingetroffen. Die beiden kommen übrigens aus dem Saarland, wohnen aber in Lörrach. Henning ist die gesamte Strecke mit dem Fahrrad gefahren, total verrückt.

Nach dem Essen sitzen wir noch einige Zeit beisammen und bewundern den Sternenhimmel. Eine Sternschnuppe jagt die nächste! Allzu lange können wir eigentlich nicht aufbleiben, denn morgen haben wir ein ziemlich volles Programm. Trotzdem mach ich es mir noch ein bißchen auf dem Sofa bequem und les in meinem Buch, ehe ich im Zelt verschwinde.


  1. Tag: 15. August 2009

Dass es heute ein schmerzhafter Tag werden wird, hätte ich mir eigentlich schon denken können, als ich an diesem Morgen in meine Waschtasche greife und mich dabei aus versehen an meinem Rasierer schneide. Ein hübscher „Schlenz“ zieht sich jetzt über meinen rechten Mittelfinger, der einfach nicht zu bluten aufhören wollte, bis ich ihm mit einer kräftigen Dosis Sprühpflaster zu Leibe gerückt bin.

Nun gut, noch kein Grund zur Panik.

Nachdem wir alle gefrühstückt, unsere Sachen gepackt und uns fertig gemacht haben, ist es Zeit, um Abschied zu nehmen von Brigitte und Arvid, die heute wieder nach Hause fahren. Für Arvid heißt es am Montag nämlich wieder: ab in die Schule. Dass wir uns nach typisch französischer Manier mit Wangenküsschen verabschieden, ist einem 13jährigen wie ihm natürlich unendlich peinlich.

Schließlich geht es gegen halb 10 los mit unserem Ausflug. Unser Ziel ist heute die Gegend um Martigues, etwa 35km westlich von Marseille. Dort haben wir ein sehr strenges Programm. Wir beginnen es praktisch im Nirgendwo, mitten in einer Aprikosenplantage. Ja, das klingt jetzt seltsam und ich kann euch versichern, es kommt noch besser. Samuel hat es sich in den Kopf gesetzt, uns zu einem Felsplateau zu führen, wo einst ein Haus der Glockenbecherkultur stand. Diese Kultur ist gekennzeichnet durch eine bestimmte Form von Gefäßen (wie der Name schon sagt). Nachgewiesen ist sie in Mitteleuropa vor allem durch Bestattungen, in Südfrankreich dagegen über Siedlungen. Diese standen in den meisten Fällen an den unmöglichsten Stellen, die kaum zugänglich waren. Was das genau bedeutet, erfahren wir heute am eigenen Leib.

Denn kaum haben wir die Plantage hinter uns gelassen, wird der Feldweg plötzlich schmaler und schmaler, bis er schließlich ganz verschwindet und wir einer weiten Hügellandschaft voller Sträucher gegenüberstehen. Diese entpuppen sich schon bald als fieses Dornengestrüpp, das nicht gerade angenehm zu durchqueren ist, wenn man kurze Hosen an hat. Doch lässt sich ein Abenteurer davon abhalten? Natürlich nicht. Es gibt tatsächlich kleine Pfade, die aber großteils zugewuchert sind und immer wieder geraten wir in Sackgassen, wo wir entweder umkehren oder uns einfach durch die Wildnis schlagen. Mit dem Resultat, dass wir bald schon alle völlig zerkratzte Beine haben.

Warum machen wir das? Tja, das frage ich mich ehrlich gesagt auch. Als es uns endlich gelungen ist, den angesteuerten Felsen zu erreichen, erwartet uns schon die nächste Herausforderung, nämlich das Hochklettern. Ohne Seil und Netz kraxeln wir die steile Felswand hinauf und stehen dann auf einem Plateau mit grandioser Aussicht. Die Frage nach dem Sinn ist aber noch immer nicht geklärt, denn archäologische Spuren sind auf diesem Brocken jedenfalls keine mehr zu sehen. Naja, Hauptsache man war mal da.

Das Hochklettern war eine Sache, das wieder runter kommen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Wie durch ein Wunder kommen wir aber alle unbeschadet wieder unten an und dürfen uns dann wieder durch das Gestrüpp zum Auto zurückschlagen. Irgendwann spürt man den Schmerz gar nicht mehr und auch nicht, dass es mittlerweile ganz schön heiß geworden war.

Nach ausgiebigem Trinken geht die Fahrt weiter. In der Nähe eines kleinen Dorfes halten wir nochmal an und besichtigen eine römische Brücke, die zum Glück ohne einen abenteuerlichen Marsch erreichbar ist.

Allmählich wird es Zeit für das Mittagessen, was noch fehlt ist ein lauschiges Plätzchen dafür. Wir haben inzwischen den Etang de Berre erreicht, ein weiter See, der eine Verbindung zum Meer hat und deshalb Salzwasser führt. Die Idee, an dessen Ufer zu picknicken, klingt natürlich verlockend, nur leider scheint das ganze Ufer in Privatbesitz zu sein. Nach einigen Wendemanövern und Kartenstudieren finden wir schließlich doch einen öffentlichen Strand, wo wir uns unter einen Baum setzen und das Picknick verspeisen. Die Verlockung ins kühle Nass zu springen ist natürlich groß, aber da wir noch ein straffes Programm haben, bleibt dafür keine Zeit. Nicht so schlimm, denn später wollen wir sowieso noch baden gehen.

Nach der Mittagspause fahren wir direkt nach Martigues, einem hübschen Ort, der direkt am Zufluss zum Meer liegt. Unser Plan ist es, dort in ein Museum zu gehen, aber Samuel hat nicht wirklich eine Ahnung, wo sich dieses überhaupt befindet. Kein Problem, einem Franzosen liegt es im Blut, sein Ziel dennoch zu erreichen und er führt uns so geschickt durch die Gassen, dass wir gar nicht richtig merken, ob wir womöglich einen Umweg machen.

Schließlich finden wir das Museum tatsächlich, allerdings hätten wir beinahe wieder umgedreht. Als wir das Haus nämlich betreten, erklärt uns der Mann an der Kasse, dass dies eine Kunstgalerie sei und ein archäologisches Museum eigentlich erst für die nächsten Jahre geplant ist. Hätte Johann nicht gerade noch rechtzeitig einen Blick in den ausgelegten Ausstellungskatalog geworfen, hätten wir womöglich nie erfahren, dass diese Galerie sehr wohl eine ganz kleine archäologische Abteilung hat und die Sammlung der Ausgrabungen sogar im Archiv verwaltet. So viel zum Thema Auskunftsfreudigkeit. Dafür dürfen wir aber auch umsonst rein, weil wir ja nur einen kleinen Raum besichtigen wollen und die vielen Bilder, die sich über 3 Stockwerke verteilen, links liegen lassen.

Nachdem wir alle noch das WC konsultiert haben, geht die Suche weiter. Diesmal nach der Rekonstruktion eines eisenzeitlichen Siedlungsquartiers, das sich irgendwo im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses befinden soll. Samuels Instinkt führt uns erstaunlich schnell zum Ziel und so können wir beruhigt Martigues hinter uns lassen.

Wie sehr träumen wir alle schon von einer schönen Abkühlung? Nichts da! Vorher wird noch das Abri de la Font-des-Pigeons besichtigt. Als wir den Feldweg sehen, der sich den Berg hinauf schlängelt befürchten wir, schon wieder einen Gewaltmarsch auf uns nehmen zu müssen, aber zum Glück befindet sich das Abri schon hinter der nächsten Kurve. An sich wenig spektakulär, doch Samuel erklärt uns ausführlich, welche Bedeutung diese Fundstelle für die südfranzösische urgeschichtliche Forschung gehabt hat.

Zu guter Letzt werfen wir noch einen Blick in das hiesige, kleine Museum, wo die Funde des Abris ausgestellt sind. Eigentlich sind wir noch wenig motiviert, nachdem wir heute schon so viel besichtigt haben und dafür alles gegeben haben. Aber der Mann im Museum weiß, wie er uns aufmuntern kann, indem er uns sogleich mit wunderbar kaltem Wasser empfängt, das eine wunderbare Erfrischung liefert.

So können wir uns doch noch aufraffen, den Fundstücken die nötige Aufmerksamkeit zu geben, ehe Samuel uns endlich mitteilt, dass es Zeit ist, ans Meer zu fahren. Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen.

Nur noch ein paar Kilometer mit dem Auto und schon nähern wir uns Carro Plage. Dass sich dieser Strand sehr viel Beliebtheit erfreut ist unschwer daran zu erkennen, dass sich die Leute wie die Sardinen im Sand platziert haben.

Der ein oder andere von uns schlägt deshalb vor, dass wir doch lieber wieder zurück fahren und im See baden, aber zum Glück überwiegt der Mehrheitsbeschluss, es doch auf einen Versuch ankommen zu lassen. Tatsächlich finden wir ein nettes Plätzchen, wo noch ganz so viel los ist, was vermutlich daran liegt, dass es keinen Sandstrand gibt, sondern Felsen über die man hinein gelangt. Für uns stellt das kein Problem dar, schließlich haben wir heute schon verrücktere Klettermanöver hinter uns gebracht.

Viel Zeit bleibt leider nicht, da es schon recht spät ist und wir noch einen weiten Weg zurück vor uns haben. Aber es reicht noch, für die lang ersehnte Abkühlung im salzigen Nass, wo wir alle noch unseren Spaß haben.

Schön in Salz paniert, können wir also den Rückweg antreten. Es ist Samstag, das bedeutet, dass es der ideale Tag ist, um zu grillen. Henning und seine Frau haben in unsere Abwesenheit schon einiges dazu vorbereitet und so können wir schon bald unsere Festmahl beginnen, sodass wir alle hinterher fast platzen.

Wir sind alle schon recht müde von diesem anstrengenden Tag, doch wir halten noch eisern durch, denn schließlich müssen wir mindestens bis Mitternacht wach bleiben. Warum? Na weil Laura Geburtstag hat. Da darf zu gegebener Zeit ein Ständchen von uns allen natürlich nicht fehlen und Isabelles Familie trägt ihren Teil dazu bei, indem sie ihr einen Geburtstagspfirsich mit Kerzchen schenkt.

Schlussendlich wird es aber dann doch Zeit ins Bettchen zu huschen, in der Gewissheit, dass wir morgen endlich mal wieder ausgiebig ausschlafen und faulenzen dürfen.


  1. Tag. 16. August 2009

Ausschlafen ist die eine Sache, im Zelt nicht verbruzelt zu werden, eine andere. In diesem Fall tritt der Garrmoment etwa gegen halb 9 ein. Zunächst harre ich noch ein wenig aus, indem ich mich eben auf meinen Schlafsack lege, dann aber halte ich es nicht mehr aus und krieche aus dem Zelt, während Steffi weiter schlummert.

Samuel ist natürlich längst auf den Beinen und hat frisches Brot für uns besorgt. Außerdem verwöhnt uns Cordula noch mit einem zopfartigen Gebäck, einer Spezialität aus Fribourg.

Einen freien Tag verbringt man am beste mit Nichtstuen. Johann sieht das nicht ganz so, denn er ist heute schon sehr früh aufgebrochen, um mit dem Bus nach Marseille zu fahren. Cordula, Cecilie, Erik und Daniel sind hingegen nach Orange gefahren. Steffi und Laura verbringen den Vormittag damit, True Blood zu schauen, eine Serie, in der es wohl irgendwie um Vampire geht, was mich aber nicht unbedingt reizt. Deshalb setze ich mich unter einen Baum, lese zunächst ein bißchen und rufe dann daheim an, weil die Kommunikation per E-Mail und SMS in den letzten Tagen nicht ganz so reibungslos verlaufen ist.

An sich verläuft der Tag wenig spektakulär, was mal eine willkommene Abwechslung ist. Vielleicht backen wir später noch einen Geburtstagskuchen für Laura.

Wenigstens können wir unseren freien Tag diesmal ausgiebig genießen, im Gegensatz zu letzter Woche, wo es uns verregnet hat.

Heute ist Halbzeit. In den nächsten zwei Wochen wird Anthony ein Kollege von Samuel hier mit seiner Familie wohnen und uns noch ein bißchen was zu der Keramik beibringen. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass das Internet anspringt, damit ich meinen Bericht online stellen kann.

Den Nachmittag lese ich noch etwas weiter in meinem Buch und genieße den Schatten und den Wind unter einem Baum, sodass ich kaum merke, dass es ganz schön heiß ist.

Der Abend beginnt zunächst mit einem Apéro, zu dem es neben Erdnüsschen auch Garnelen gibt. Normalerweise mag ich ja nicht so gerne Meerestierchen, die mich noch ansehen, aber heute muss ich gestehen, dass sie einfach ausgezeichnet schmecken.

Die anderen sind immer noch nicht zurück. Um Cordula und Co müssen wir uns weniger Sorgen machen, denn sie haben sich bereits gemeldet und erklärt, dass es es etwas später wird. Leicht beunruhigt sind wir eher wegen Johann, der immer noch nicht aus Marseille zurück ist. Als Samuel schließlich bei ihm auf dem Handy anruft, erfahren wir, dass die Busgesellschaft vergessen hat, den letzten Bus zu schicken und unser armer Johann noch immer in Marseille steht. Noch bleibt Samuel da völlig cool. Dass der öffentliche Verkehr hier nicht ganz einwandfrei funktioniert, scheint hier ganz normal zu sein.

Erst mal wird jedenfalls die Lasagne verspeist, die Henning und seine Frau für uns gezaubert haben. Sie schmeckt einfach himmlisch!

Gegen 10 trudeln dann auch die anderen ein. Zum Glück, sonst hätten wir die 3 Bleche Lasagne ganz allein essen müssen.

Cordula und Cecilie finden es aber alles andere als witzig, dass Johann immer noch nicht zurück ist und wollen schon aufbrechen, um ihn abzuholen, aber Samuel sieht das nicht sehr eng. Wenn Johann nicht nach Somalia entführt wurde, oder aus versehen in die Fremdenlegion eingezogen wurde, wird er schon einen Weg zurück finden.

Als Nachspeise tischt Steffi einen großen Kuchen für Laura auf, die ja noch immer Geburtstag hat. Dies ist aber ein ganz besonderer Kuchen, ganz nach feiner Archäologenmanier: ein Tumulus-Kuchen mit integrierter Stratigrafie aus diversen hellen und dunklen Cremes und Böden, einer Grabkammer aus Nüssen und oben drauf einen hübschen Dolmen aus Merinken. Bevor wir alle ein Stück davon bekommen, muss Laura aber noch die Stratigrafie abzeichnen, dann kann das Schlemmen losgehen. Ich glaube es will keiner wissen, wie viele Kalorien in diesem Ding stecken.

Gegen halb 12 mach ich mich dann auf ins Bett, schließlich müssen wir morgen wieder arbeiten. Und damit keiner beunruhigt ist: gegen 12 kommt auch Johann zurück.

Sonntag, 9. August 2009

Befundauswertung: Mourre-de-la-Barque

Hier ist der erste Eintrag eines neuen Kapitels: meine Grabung und Befundauswertung aus der Höhle Mourre-de-la-Barque in der Provence. Die Höhle weist Funde aus der Jungsteinzeit auf und nun werden wir in den nächsten 4 Wochen versuchen, diese Funde etwas genauer zu analysieren.

Fangen wir also an:


1.Tag: Sonntag, 2.August 2009


Unmöglich ist es denn wirklich schon morgen? Nachdem ich gestern – oder besser gesagt schon fast heute – ziemlich spät ins Bett gekommen bin (für alle,die es nicht wissen, am 1. August ist Schweizer Nationalfeiertag, was gerne mit einem großen Feuerwerk gefeiert wird), fällt das Aufstehen um halb 6 wirklich sehr schwer. Trotzdem bleibt mir nichts anderes übrig, als mich aus meinem bequemen Bett zu schälen, in dem Wissen, dass ich in den nächsten 4 Wochen in einem Schlafsack eingewickelt im Zelt übernachten muss.

Wie dem auch sei, ich verstaue also noch meine letzten Utensilien in meinem tonnenschweren Koffer und mache mich fertig zur Abfahrt. Irgendwie vermisse ich meinen süßen Knuddelkater Diego jetzt schon und wie ich einen Monat ohne Internet und ohne Waschmaschine auskommen soll, ist mir auch noch nicht ganz klar.

Um halb 7 geht es dann schließlich los Richtung Basel. Treffpunkt ist zwar erst um 8 Uhr, aber man weiß ja nie, was alles so dazwischen kommen kann. Unter anderem muss man beachten, dass die schweizer Autobahn nach Basel praktisch nur aus Baustellen besteht.

Bis Basel läuft aber alles recht glatt, bis zu dem Zeitpunkt als es an die Feinarbeit geht. Unser Fahrdienst Samuel van Willigen hat als Treffpunkt den Grenzübergang St. Louis vorgeschlagen, weil er nicht sicher war, ob er noch Funde transportieren wird, die er dann aber nicht in die Schweiz einführen darf. Einziges Problem: so genau wissen wir gar nicht, wo dieser Grenzübergang ist. Zum einen ist nirgendwo St. Louis auf den Schildern zu lesen, zum anderen verläuft der Hauptverkehr nach Frankreich über die Autobahn.

Als wir dort recht ratlos ankommen, wird allmählich klar, dass wir Hilfe brauchen und wer eignet sich dazu besser, als ein hilfsbereiter schweizer Zöllner?

Dieser ist sehr nett und erklärt uns gern, dass es durchaus noch einen weiteren Grenzübergang in St. Louis gibt und zeigt uns auch gleich noch den Weg.

Vorsichtshalber ruf ich schon mal Steffi an, um zu klären, ob sie mehr weiß und auch sie „vermutet mal“, dass es der andere ist.

Also brechen meine Mama und ich auf und verfehlen prompt die Ausfahrt. Und als ob das nicht schon genug wäre, nehmen wir an der nächstbesten Wendemöglichkeit auch noch die falsche Ausfahrt beim Kreisverkehr.

Einige erschreckende Wendemanöver später und viele Nerven weniger, haben wir es dann endlich geschafft: der Grenzübergang ist erreicht. Zunächst sind wir noch etwas stutzig, weil keiner da ist, aber nach und nach trudeln alle ein und dann erreicht uns auch Samuel.

Glücklicherweise hat er doch beschlossen, die wertvollen Funde nicht mitzunehmen, so dass uns der gesamte Kofferraum des Kleinbuses zur Verfügung steht. Zum Glück! Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn ein tonnenschwerer Koffer eine 7000 Jahre alte, noch intakte Vase in Scherben legen würde!

Nachdem jeder Platz ausgenutzt wurde, kann es dann endlich losgehen. Laura, Erik und Daniel breiten sich auf der Hinterbank aus und Steffi und ich quetschen uns auf den breiten Beifahrersitz. Die Eltern winken noch alle zum Abschied, dann geht’s ab Richtung Süden.

Das Wetter ist gar nicht begeistert von unserer Abreise und drückt seine Ablehnung mit einem Wolkenbruch aus. So ist die Fahrt Richtung Bern, gar nicht so schön, wie sie eigentlich sein sollte. Irgendwo hinter dieser dicken Wolkensuppe sind die Alpen. Ich weiß es, ich hab sie erst ein paar Tage vorher gesehen, als wir bei strahlendem Sonnenschein auf genau dieser Strecke Richtung Interlaken gefahren sind.

Zunächst verbringe ich meine Zeit mit dem MP3-Player, ehe wir anfangen eine Diskussion über Filme und Serien zu führen. Zwischendurch machen wir noch Halt an einer Raststätte, um kurz aufs Klo zu gehen. Längst haben wir die französische Schweiz erreicht. Der Weg führt in schnellem, aber sicherem Tempo auf der Autobahn gen Süden, vorbei an Fribourg und Genf.

Kaum haben wir die französische Grenze passiert, scheint Samuel sich fast ein wenig dem hiesigen Fahrstil anzupassen, was sich durch geschicktes Spurwechseln ohne Blinker bemerkbar macht. Doch ansonsten ist keinesfalls zu meckern, vor allem nicht, als wir schon um halb 1 sicher und pünktlich zur Mittagspause in Grenoble ankommen. Hier wollen wir nämlich noch eine Ausgrabung besuchen. Dazu fahren wir auf den höchsten Berg, auf den die Straße in markanten Serpentinen hinaufführt, bis wir die Höhle erreicht haben (nicht ohne vorher unser Leben zu riskieren, indem wir die Straße überqueren müssen). Jetzt wird es Zeit die Französischkenntnisse wieder auszupacken, die man vor Jahren mal gelernt hat, denn der hiesige Grabungsleiter zeigt uns zwar gern alles, doch nur in seiner Landessprache. Zum Glück springt Samuel dann aber nach einiger Zeit ein und gibt uns eine Zusammenfassung auf Deutsch. Naja, scheint also doch etwas eingerostet zu sein mein Französisch, aber im Groben kann ich zumindest folgen.

Inklusive des Mittagsimbisses verbringen wir 2 Stunden bei dem Abri aus dem Neolithikum. Dann geht es Non-Stopp Richtung Provence. Viel bekommen die meisten von uns von dieser Fahrt nicht mit, denn der Nachmittagsschlaf lässt bald grüßen. Zum Glück wach ich aber immer wieder rechtzeitig auf, um hin und wieder etwas von der wunderschönen Landschaft der Alpen bewundern zu können. Ab jetzt fahren wir Landstraße und das Wetter ist herrlich sonnig und warm, auch wenn ich zugeben muss, dass ich in Grenoble noch eine Gänsehaut hatte. Wollen wir hoffen, dass das nicht so bleibt. Ich will doch nicht nach Südfrankreich fahren, um zu frieren!

Mit der Zeit werden die Dörfer kleiner und der Verkehr dichter. Es dauert jetzt nur noch eine Stunde, hat uns Samuel versichert, aber langsam kann keiner mehr so richtig sitzen. Kurz vor Manosque, also dem Ziel schon sehr nahe, geraten wir dann auch noch in einen Stau wegen einem Unfall. Sofort wird der Atlas gezückt, doch zum Glück findet Samuel auch ohne Hilfe einen Schleichweg.

Gegen halb 8 ist es dann endlich so weit: wir haben Aurabelle erreicht.

Bevor ich nähere Details über die Unterkunft gebe, hier noch ein paar Namen und Fakten: Aurabelle ist nicht wirklich ein Ort, sondern mehr eine große Domäne mit ein paar vereinzelten Häusern, die alle einer Familie gehört. Im Grunde leben hier mehr Pferde und Katzen als Menschen und die Häuser sehen auf den ersten Blick etwas...heruntergekommen aus. Aber wir wollen hier auch keinen Luxusurlaub machen, oder?

Aurabelle liegt in der Nähe der Ortschaft Vinon-sur-Verdon, wo man zumindest einkaufen und essen kann, aber auch kein wirklich riesiger Ort ist. Die nächste wirkliche Stadt ist wohl Aix-en-Provence, die 50 Kilometer entfernt liegt. Irgendwo dazwischen liegt unser Grabungsort Mourre-de-la-Barque, eine Höhle mit frühneolithischen Funden (weil dies nur ein kurz Bericht ist, erspare ich euch die fachmännischen Details. Wen es interessiert, fragt einfach nach).

Zurück zu unserer Ankunft. Wir teilen uns einen großen Hof mit der Besitzerfamilie dieser Domäne und einer weiteren Gastfamilie, doch jeder hat seinen eigenen Bereich. Wir haben eine Kochnische und einen großen Arbeits- und Aufenthaltsraum. Das Bad ist sehr gewöhnungsbedürftig, denn es ist gleichzeitig ein Klo und wenn sich das 10 Leute teilen müssen, wird das eine logistische Meisterleistung. Und noch etwas gibt es hier, womit keiner gerechnet hätte: sowohl eine Waschmaschine, als auch WLAN.

Ärgerlich, wenn man seinen Laptop zu Haus gelassen hat, aber Steffi hat versprochen, ihren mit mir zu teilen.

Nun ist unser Team fast komplett: unsere Professorin und ihr Sohn sind schon da, Cecilie und Cordula kommen prompt zur gleichen Zeit wie wir an. Nur Johann fehlt noch, aber der wird erst nächste Woche zu uns stoßen.

Schlafzimmer gibt es hier nur wenige, deshalb müssen wir auch im Zelt schlafen. Steffi und ich haben es da nicht so schwer, denn Steffi hat ein Wurfzelt mitgebracht und nach ein paar Sekunden ist bei uns die meiste Arbeit schon getan, nur noch ein paar Heringe müssen reingeschlagen werden und in Ermangelung eines Hammers, behelfen wir uns mit einem großen Stein. So viel zum Thema Steinzeit.



Cecilie und Cordula haben es da wesentlich schwieriger, denn sie haben ein riesiges schweizer Armeezelt mitgebracht, das sie nur mit Hilfe der starken Jungs aufstellen können.

Als dann endlich alle ihre Zelte aufgestellt und eingerichtet haben und wir unsere kommende Kampagne mit einem Sekt eingeleitet haben, machen wir uns auf nach Vinon. Heute leisten wir es uns nämlich essen zu gehen, wohingegen wir uns in den nächsten Wochen selbst bekochen müssen. Das kann ja heiter werden.

Wer die französischen Essgewohnheiten kennt, der weiß, dass man gerne spät und lange isst. Dieser Regel entsprechend ist es schon nach 9 als wir uns an einen Tisch setzen. Yummi, wir sind alle schon fast am Verhungern.

Eine Portion Nudeln mit Bolognesesauce später wünsche ich mir hingegen viel lieber ein Bett, selbst wenn es mein Schlafsack ist. Eigentlich geht es allen so und trotzdem geht es auf die Mitternacht zu, als wir uns endlich auf den Heimweg machen. Mittlerweile ist es unangenehm kalt geworden, sodass ich wirklich froh bin, dass ich noch meine Kuscheldecke mitgenommen hab.

Ja, es ist wirklich gewöhnungsbedürftig so eine Nacht im Zelt, aber ich bin längst so totmüde, dass mir selbst das egal ist.


2. Tag: 3. August 2009

Samuel hat uns davor gewarnt, dass wir spätestens um halb 8 von der Sonne in unseren Zelten gegrillt werden, doch als ich gegen 7 langsam aufwache, ist das noch längst nicht der Fall. Mühsam schäl ich mich aus dem Schlafsack, denn erholsam war diese Nacht nur mittelmäßig. Ganz zu schweigen davon, dass mir schon seit Stunden ein Vogel mit seinem monotonen Gekreische auf den Keks geht. Nun gut, wir wollen ja nicht schon am ersten Tag meckern oder?

Da die anderen genauso schwer aus ihrem Zelt kommen, gibt es praktisch keinen Stau am Bad, das ist praktisch.

Viel aufgeweckter als wir Zweibeiner sind zu dieser frühen Stunde die Katzen, von denen es hier sicher 6 oder 7 gibt, die mal schüchterner, mal frecher sind. Vor einigen von ihnen muss man das Essen regelrecht verteidigen, sogar der Kühlschrank muss gesichert werden, da eine sogar weiß, wie man diesen öffnet.

Bis alle sich gewaschen und umgezogen haben, ist der Frühstückstisch bereits gedeckt. Und wir reden hier nicht über einen kleinen Morgenimbiss, sondern eine reich gedeckte Tafel von Marmelade, über Croissants bis Käse und Wurst. Und selbstverständlich darf auch das Nutella nicht fehlen, dafür hat Brigitte extra gesorgt (immer noch ungewohnt eine Professorin zu duzen :p).

Für den ersten Tag läuft alles sehr relaxt ab, immerhin sind wir hier im Süden, da gibt es Uhrzeiten und Uhrzeiten, wie Samuel uns das erklärt. Bei Tisch klären wir schon mal ab, was die nächsten Tage gekocht wird und stellen dabei eine Einkaufsliste zusammen. Während also ein paar von uns den Vormittag in den nächsten Supermarkt fahren, schließe ich mich zusammen mit Steffi, Laura und Daniel der Gruppe an, die zusammen mit Samuel nach Aix fahren will, um die Ausrüstung und die Funde zu holen.

Unterwegs halten wir schon mal bei unserer Höhle (sorry, das Bild ist nicht gedreht) an, um dort eine Leiter hinzubringen. Wieder müssen wir uns waghalsig über die Straße stürzen, bevor wir eine steile Treppe erklimmen, aber schon bald ist unser Ziel erreicht.

Viel zu sehen gibt es noch nicht, außer der Tatsache, dass der Aufstieg in die Höhle selbst ein Abenteuer werden wird. Viel Platz ist nämlich nicht, um die 4m hohe Leiter hinaufzuklettern oder wahlweise über ein dünnes Brett zu balancieren. Aber momentan klettert nur Samuel hinauf, um die Leiter zu verstauen, während wir nur fasziniert zuschauen, wie er über den Felsen klettert.

Zurück beim Auto geht die Fahrt weiter nach Aix, um dort im Maison mediterranéenne de science des l'hommes unsere Ausrüstung abzuholen. Geparkt wird direkt vor der Eingansgstür und dann beginnt ein ewig langes Hin- und Her zwischen Lager und Auto mit Kisten und Kartons, Eimer, Sieben und Tonnen. Hätten wir einen Schrittzähler gehabt, hätten wir wohl einige Kilometer zusammenbekommen.

Aber es ist kaum zu glauben, trotz dem riesigen Berg an Fracht, bringen wir alles im Auto unter und können trotzdem noch 5 Personen mitnehmen. Ein echtes Wunderauto!

Vermelden muss ich an dieser Stelle meine erste Verletzung an einem Finger, die kaum der Rede wert ist, aber die so unbemerkt entstanden ist, dass ich sie erst bemerkt habe, als das Blut schon halb unter den Fingernagel gesickert ist. Obwohl es interessant aussieht, habe ich doch beschlossen, besser kein Foto zu machen.

Mittlerweile hat sich auch das Wetter gebessert. Zurück fahren wir auf der Autobahn, wo wir an einer Mautstelle noch eine interessante Begegnung machen. Ein Deutscher spricht uns an und will uns weismachen, dass er Probleme mit dem Automat hätte, doch Samuel redet sich geschickt, aber höflich heraus. Wie er uns später erklärt, kennt er diese Masche bereits und weiß, dass sich diese Leute günstig eine Autobahnmaut erschleichen wollen.

Zurück in Aurabelle werden wir bereits von den anderen erwartet, die eingekauft, geputzt und das Mittagessen vorbereitet haben. Es gibt Tomaten-Mozzarella-Salat, Käse, Wurst und einen anderen Salat. Ein leckeres, leichtes Mittagessen, um bei klarem Kopf zu bleiben, denn den brauchen wir heute Nachmittag noch.



In der Mittagspause zeigt uns Samuel außerdem noch den kleinen See hinter unserem Haus, wo wir gerne in unserer Freizeit baden können. Wirklich praktisch so eine Abkühlungsmöglichkeit direkt vor Ort.

Dazu bleibt aber jetzt keine Zeit mehr, denn jetzt werden erstmal alle Kartons herbeigeschafft, Tische zusammengebaut und alles genau sortiert, denn das große Zelt in unserem Hof wird in den nächsten Wochen unser Hauptarbeitsplatz werden.

Als alles aufgebaut und richtig gelagert ist, sind wir alle ziemlich fertig von der Hitze. Da kommt ein kühles Getränk im Inneren des Hauses genau richtig. Aber eine lange Pause haben wir nicht, denn jetzt müssen wir noch den Kopf anstrengen. Samuel hält uns nämlich noch einen Vortrag über die Höhle und deren Stratigrafie und zeigt uns im Anschluss viele der Funde.

Die Sonne scheint noch immer, aber langsam wird es kalt, vor allem, weil ein kräftiger Wind im Laufe des Tages eingesetzt hat, der unseren Zelten ganz schön zusetzt. Gut, dass unseres genau im Windschatten des Baumes steht :).

Ein Blick auf die Uhr verrät, dass es mittlerweile fast 19 Uhr ist und der geplante Trip zur Höhle mit der ganzen Gruppe fällt flach. Stattdessen macht sich Samuel mit ein paar Leuz, zu einem hiesigen Bauer auf, um dort frisches Obst und Gemüse zu kaufen, während der Rest von uns ausspannen kann. Steffi bietet mir großzügigerweise an, ihr Netbook zu benutzen, um meinen Bericht zu schreiben. Nur leider geht das ganze doppelt so lang wie geplant, weil ich mit diesem kleinen Ding und den Minitasten gar nicht klar komme. Bleibt zu hoffen, dass ich das noch lerne in der nächsten Zeit.

Es ist jetzt halb 10 und das Abendessen kommt nur langsam in Sicht. Cordula und Cecilie wollen uns eigentlich gefüllte Paprika machen, aber der Herd macht so seine Probleme. Sollte ich also weder heute Abend verhungern, noch in der Nacht erfrieren oder von Mücken gefressen werden, werde ich mich morgen wieder melden.


3. Tag: 4. August 2009

Die Nacht war kalt, sehr kalt. Mit Genickschmerzen und unter dem immer gleichen Gekreische des verhassten Vogels, wache ich gegen 7 auf und kletter mühsam aus dem Zelt. Auch heute gibt es keine größeren Probleme im Kampf um das Bad. Zumindest scheint an diesem Morgen schon mal die Sonne, aber wieder einmal ist es verdammt kalt.

Deshalb beschließen wir auch drinnen zu frühstücken, wozu wir uns Zeit lassen. Wie schon gesagt, es gibt Uhrzeiten und Uhrzeiten.

Voller Elan geht es aber schließlich ans Werk. Die Kisten, die wir gestern geschleppt und geordnet haben, müssen heute ausgeräumt und sinnvoll sortiert werden. Mit anderen Worten: nachdem wir alle Tische mit weißem Papier bezogen haben, breiten wir eine riesige Menge an Scherben aus. Für einen Laien ist das vielleicht nur ein Haufen Scherben, aber ich kann versichern, es steckt ein sehr kompliziertes System dahinter.

Zu uns stoßen heute auch noch zwei weitere Personen: Jörg, ein Doktorant aus Köln und Pascalle, eine Expertin für Keramik.

Während einige noch mit Ordnen beschäftigt sind, lernen Steffi und ich, wie man Scherben korrekt beschriftet. Dies geschieht, indem man eine kleine Ecke mit einer Glasur überzieht und dann mit Tusche einige Angaben darauf notiert, wie Jahr der Grabung und Angaben zur Schicht, in der sie gefunden wurde. An sich klingt das nicht schwer und eigentlich ist es das auch nicht, wenn man erst mal gelernt hat, wie man so klein schreiben kann, dass es in die kleine Ecke passt und man es gleichzeitig noch lesen kann.

Zum Mittagessen gibt es auch heute diverse Salate, die wir im Schatten genießen, denn es ist sehr heiß mittlerweile. Aber schließlich ist das das hiesige Klima und daran müssen wir uns gewöhnen.

Um 14 Uhr brechen wir alle zusammen zu unserer Höhle auf, bei der größten Hitze selbstverständlich, doch zum Glück liegt die Höhle auf der Nordseite.

Jetzt wird’s ernst, der Aufstieg steht bevor. Ein Blick auf die wacklige Leiter ist zunächst schockierend, doch es geht einfacher als gedacht. Selbst die gewöhnungsbedürftig Hühnerleiter übersteht jeder unbeschadet, um ins Innere zu gelangen. Da sind wir also, in der Höhle, um die sich diese ganze Kampagne dreht. Es ist...interessant, doch sehr ungewöhnlich. Die Höhle ist eng und schräg, kein Arbeitsplatz, um den ich mich reißen würde. Aber zum Glück werden sich unsere Grabungen vor der Höhle konzentrieren.

Nachdem wir uns wieder waghalsig hinaus geschlängelt und die engen Wege entlang gehangelt haben, fahren wir weiter zu einer Brücke über die Durance. Von hier hat man einen tollen Blick auf das Flussbett und die steilen Berge, die links und rechts davon emporragen. Wie uns Samuel erklärt, befindet sich unsere Höhle genau an der engsten Stelle des Tales. Da in damaliger Zeit der Fluss im Gegensatz zu heute sehr viel Wasser geführt hatte, mussten die Leute über das Bergplateau wandern, um dieses Hindernis zu überwinden. Der Weg auf das Plateau führt prompt an unserer Höhle vorbei.

Mit dem Auto schlängeln wir uns in Serpentinen auf den Berg hinauf, denn wir wollen noch eine weitere Höhle besichtigen. Leider fahren wir nicht bis direkt dorthin, sondern müssen noch einen ca. 2km langen Weg entlang laufen. Glücklicherweise ist dieser aber breit und leicht zu begehen und führt uns zu unserer Freude auch noch durch die wunderschöne Landschaft der Provence. Endlich sehen wir ein paar der so typischen, großen Lavendelfelder und passieren Olivenbaumplantagen. Besonders interessant sind die vielen wilden Kräuter wie Thymian und Rosmarin. Die Kräuter der Provence einmal live erleben.

Als wir schon fast am Ziel sind, wird der Weg schmaler und unbequemer, aber man hat eine wunderschöne Aussicht auf das Tal.

Die zweite Höhle ist wesentlich geräumiger als Mourre-de-la-Barque und verfügt über viele, dunkle, verzweigte Gänge. Da kommen unsere Taschenlampen zum Einsatz. In ihrem Schein wagen wir uns über steinige und steile Wege noch tiefer hinein, wo kein Tageslicht hinfällt. Alles sehr aufregend, wirklich! Doch trotzdem nicht unbedingt mein bevorzugter Arbeitsplatz.



Das wir alles andere als eine gemütliche Wanderung hinter uns haben, erkennt man spätestens daran, dass Jörg sich einen langen Riss in der Hose zugezogen hat, was besonders deutlich seine blauen Unterwäsche zur Geltung bringt.

Auf dem Rückweg sammelt sich jeder noch ein kleines Kräutersträuchen, ehe wir zurück nach Aurabelle fahren. Eigentlich war für heute noch ein Vortrag von Samuel und Brigitte über die Zielsetzung dieser Kampagne geplant, aber in Anbetracht der Zeit, fällt dieser zum Glück flach. Der Rest des Abends steht zu unserer Verfügung und das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Sofort schmeißen Steffi, Laura und ich uns in unsere Badeklamotten und hüpfen in den See. Ah, welch eine Erfrischung! Hierher werden wir in den nächsten Wochen noch oft kommen. Vor allem Steffi hat besonders viel Gefallen an dem Seil gefunden, mit dem man sich ins Wasser schwingen kann und sie erheitert Laura und mich immer wieder mit ihren amüsanten Tarzanimitationen.

Fast hätten wir die Zeit vergessen, aber zum Glück kommt Erik rechtzeitig vorbei, um uns zum Essen zu holen. Er und Daniel haben uns nämlich Risotto mit Auberginen gekocht, was wir gerne verspeisen.

Als das Mahl beendet ist, wird es Zeit für mich, einmal die ungewöhnliche Dusche zu testen. Mein Fazit: auf den ersten Blick erschreckender, als sie in Wirklichkeit ist. Der flexible Duscharm verhindert eine größere Sauerrei und warmes Wasser ist reichlich vorhanden. Also eine durchaus überraschend positive Erfahrung.

Nur als ich nachher im Zelt alles zu ordnen versuche, stelle ich fest, dass mein Kamm offenbar vom Erdboden verschwunden ist. Großartig, der erste Verlust, schon am dritten Tag.

Allmählich wird’s Zeit fürs Bettchen, oder besser gesagt Schlafsäckchen. Heute werde ich mich aber nicht vom Wassersprenkler auf dem nahegelegenen Maisfeld erschrecken lassen (fragt nicht, was Laura und mir gestern passiert ist).

Gut Nacht!


4. Tag: 5. August 2009

Und wieder ein Tag voller Sonnenschein, der aber erneut sehr kühl beginnt. Eigentlich hätte ich nichts gegen eine Stunde Schlaf mehr einzuwenden, aber was sein muss, muss nunmal sein. Zumindest ein Erfolgserlebnis gibt es: mein Kamm ist wieder da! Gerade rechtzeitig, damit ich heute nicht als Struwelpetra herumlaufen muss.

Nach dem Frühstück beginnen wir mit der Hauptaufgabe für die kommenden 4 Wochen: der Auswertung der Funde, genauer gesagt der Keramikscherben, die wir ja gestern so wunderbar auf den Tischen ausgebreitet haben.

Je ein Team kümmert sich um eine der beiden Tischreihen, um ein System in das Durcheinander von Scherben zu bringen und danach zu versuchen, die passenden zu finden. Wer ganz viel Glück hat, wie unser Scherbengenie Daniel, der findet auch welche, die direkt zusammenpassen.

Steffi und ich beschäftigen uns aber vorerst noch einmal mit der Beschriftung weiterer Scherben, ehe auch wir zu denjenigen stoßen, die sich mit den Scherben aus der Grabung von 2002 beschäftigen, die allein schon eine Tischreihe füllt.

Zunächst sind wir noch sehr enthusiastisch was diese Puzzelei angeht, doch nach und nach packt jeden die Demotivation, weil einfach nichts so richtig zusammenpassen will. Mit der Zeit kann keiner mehr diese verfluchten Scherben sehen und das nur nach ein paar Stunden???

Zum Glück ist unser Arbeitsplatz hier unter dem Zelt recht angenehm, als es auf die Mittagszeit zugeht. Es gibt ausreichend Schatten und Wind für alle und wenn man keine Scherben mehr sehen kann, ist es ratsam, ein Glas A- oder O-Saft zu trinken.

Wir sind alle sehr froh, als man uns zum Mittagessen ruft. Neben der üblichen Wurst- und Käseplatte und dem obligatorischem Tomatensalat gibt es heute noch Reissalat. Ja, ihr habt richtig gelesen, schon wieder Reis! Diese verdammten Reisreste wollen einfach nicht weniger werden. Aber wie es scheint, haben wir nun das letzte Korn vertilgt und können uns darauf freuen, dass es heute Abend Spagetti gibt.

Nach der restlichen Mittagspause mit lesen, spielen, schreiben, zeichnen und dösen, geht es weiter mit einem Vortrag von Samuel und Brigitte über die Zielsetzung dieser Veranstaltung. Etwas, was eigentlich schon für gestern angesetzt war. Danach ist Pascalle am Zug, die uns über eine weitere Höhle mit ähnlichen Funden informiert und die Probleme mit deren Stratigrafie erläutert. Die Mittagsmüdigkeit macht es leider nicht unbedingt leichter, dem französischem Vortrag zu folgen und so sind wir alle froh, als Samuel anbietet, als Dolmetscher einzuspringen.

Als wir gegen halb 5 mit dieser Kopfarbeit fertig sind, ist die Arbeit aber längst noch nicht gelaufen. Unsere Freunde die Scherben erwarten uns wieder und sofort wird wieder eifrig gepuzzlet.

Der Enthusiasmus ist aber schnell wieder verflogen, als die Erfolgserlebnisse rar werden und sich plötzlich ein ungeahntes Gewaltpotential gegenüber der 5000 Jahre alten Keramikstücke entwickelt. Die verfluchten Dinger wollen einfach nicht zusammenpassen und je später der Abend wird, desto lustloser werden wir. Nach Stunden des Suchens wird es uns einfach zu viel und trotzdem halten viele noch tapfer durch, bis die Uhr halb 8 schlägt.

Laura will uns heute Spagetti mit Pesto kochen und Steffi und ich greifen ihr etwas unter die Arme. Leider müssen wir erst noch warten, bis Samuel und ein paar andere mit frischen Zutaten vom Einkaufen zurückkommen und als dann alles beisammen ist, streikt auch noch der Mixer.

Auf diese Weise wird die Kocherei eine ziemliche Aufregung, was unseren angekratzen Nerven nicht gerade gut tut. Doch spätestens beim Essen wandelt sich dieses Tief um 180 Grad in die absolute Gaudi, sodass man kaum noch zum Essen kommt vor lachen und wir hinterher alle recht fertig sind.

Ansonsten läuft nicht sehr viel an diesem Abend. Es ist schon recht spät und während Steffi auf dem Klavier klimpert, schreibe ich noch meinen Bericht. Ich bin wirklich stolz, denn langsam beherrsche ich dieses kleine Ding recht gut. Eine gehörige Portion Schlaf wäre auch nicht schlecht, weshalb ich wohl bald ins Bett gehe und dort wohl die ganze Nacht von Zombie-Scherben träumen werde.


5. Tag: 6. August 2009

Von wegen früh ins Bett. Gegen aller Planungen ist der Abend trotzdem länger geworden als gedacht, weshalb ich mehr denn je Schwierigkeiten habe, um 7 aus dem Schlafsack zu kriechen. Es sind schon ein paar auf den Beinen, aber es schaut einer verschlafener drein, als der andere.

Frühstück gibt es wie jeden Morgen mit Verspätung und dementsprechend fangen wir auch später mit der Arbeit an. Doch das ist ja wohl nur gerecht, wenn man bedenkt, dass wir gestern sehr lange gearbeitet haben.

Die lieben Scherben warten nur darauf, neu geordnet zu werden. Nachdem wir gestern gemerkt haben, dass es komplizierter ist, als wir gedacht hatten, beschließen wir heute, dass wir ein neues System einführen. Dazu sollen erst mal alle Randscherben aussortiert werden, um sie je nach Gefäßform (offene Schale, geschlossener Topf etc.) zu ordnen, während der ganze Rest in farbliche Felder eingeteilt wird. Auf dieser Weise soll es uns wie beim Memory-Spiel helfen, später die Scherben eines Gefäßes zusammenzubringen.

Als es auf die 12 zugeht, entfernen Steffi und ich uns diskret, um das Mittagessen zu machen. Wie üblich gibt es Tomaten-Mozzarella-Salat, grüner Salat, Wurst und Käse und außerdem noch die Reste der Spagetti von gestern.

Dieses wird anschließend eifrig verspeist und wir liegen heute sogar so hervorragend in der Zeit, dass uns noch eine Stunde Mittagspause bleibt. Das wäre doch die perfekte Gelegenheit für ein Power-Nickerchen, damit sich das Müdigkeitsdrama von gestern, bei dem kommenden Vortrag nicht wiederholt.

Um 14 Uhr geht es weiter mit einem Vortrag von Brigitte über die Probleme der Keramiktypologie. Entgegen meiner Berfürchtungen kann ich ohne Schlafanfall folgen, obwohl es aus dem Mittagsschläfchen natürlich wieder nichts geworden ist, weil ich mit Laura lieber über Rollenspiele diskutiert habe. Glücklicherweise ist das Thema aber spannend genug (auch wenn ihr es kaum glauben wollt^^).

Gegen halb 5 geht es weiter mit dem praktischen Teil. Mit anderen Worten: SCHERBEN!!! Während ein Teil von uns die geordneten Randscherben vom Vormittag zusammenpuzzlet, schließe ich mich denjenigen an, die die zweite Hälfte Wandscherben nach dem gleichen System ordnen. Das ganze ist zwar weniger frustrierend, doch nach einer gewissen Zeit hat jeder von uns das Gefühl, dass die Dinger je nach Belieben ihre Farbe ändern, um uns zu ärgern. Zum ersten Mal bin ich froh, wenn ich schwarz sehe.

Zum zusammensetzen komme ich erst ganz zum Schluss und als ich schon mit einem Fuß dabei bin mit Steffi in der Küche zu verschwinden, kommt der Clou: meine erste Passscherbe! *jubel*

Zum Abendessen planen wir heute Ratatouille mit Ofenkartoffeln und Kräuterquark und tatsächlich läuft alles gut. Offenbar scheint es allen zu schmecken, denn zum Schluss bleibt nichts davon übrig.

Wir sind auch das erste Kochteam, das die Zeit einigermaßen einhält, sodass wir schon gegen 9 mit dem Essen fertig sind und wir den Abend ausklingen lassen können. Vielleicht wird es ja heute etwas mit dem Vorsatz, etwas früher ins Bett zu gehen. Auf das wir morgen noch mehr Passscherben finden!


6. Tag: 7. August 2009

Nein, es kann unmöglich schon wieder Morgen sein. Am liebsten würde ich mir meine Kuscheldecke über die Ohren ziehen und nochmal eine Runde schlafen, aber irgendwann muss ich einfach aus den Federn. Vor allem ist es ungünstig, wenn alle gleichzeitig auf das Bad einstürmen, also überwinde ich mich mal.

Ihr erratet sicher nicht, was wir diesen Morgen gemacht haben. Genau, Scherben zusammengesetzt. Tatsächlich finde ich sogar ein paar, aber die Rate ist niedrig im Vergleich zu den Stunden, die wir damit verbringen.

Ein Außenstehender hätte sicher seinen Spaß daran, eine Studie mit uns durchzuführen, nämlich die Langzeitauswirkungen von immergleichem Scherbenpuzzeln. Er würde sicher feststellen, dass spätestens am 5.Tag interessante Verhaltensmuster auftreten, die sich vor allem durch verrückte Gespräche bemerkbar machen. In diesem Fall rupfen wir alle Verschwörungstheorien auseinander, die uns in den Sinn kommen. Dabei bleiben weder die Pyramiden als Windbrecher, noch die Geheimnisse der Illuminati verschont. Wir kringeln uns fast vor lachen und kommen auf diese Weise den Vormittag heil über die Runden.

Zum Mittagessen gibt es neben diversen üblichen Salaten, auch einen Kichererbsensalat, den Isabelle für uns gemacht hat. Leider sind wir aber wieder so spät dran, dass uns wieder nur 20 Minuten für die Mittagsruhe bleiben. Also kaum der Rede wert. Trotzdem dösen viele von uns – mich eingeschlossen – in der Relaxecke auf den Sofas und Sesseln weg.

Doch Samuel kennt keine Gnade und weckt uns pünktlich zu seinem Vortrag über das Neolithikum in Südfrankreich. Dabei scheut er sich nicht davor, uns seine kritische Meinung zu präsentieren, für die ihn der ein oder andere konservative Forscher sicher in Stücke reißen würde.

Am Nachmittag geht es weiter mit den Scherben und je später es wird, desto verrückter werden unsere Gespräche und unsere Methoden. Laura zum Beispiel setzt auf die „Luftbildarchäologie“, indem sie sich auf eine Bank stellt und die Scherben von oben betrachtet, Steffi glaubt hingegen, dass sie mit geschossenen Augen die Energie der passenden Scherben aufnehmen kann.

Der Nachmittag ist sehr bedeckt, weshalb wir schon befürchten, dass ein Unwetter kommen könnte, aber gegen Abend klart sich der Himmel wieder auf und die Sonne kommt zurück.

Samuel und Brigitte sind längst in der Küche verschwunden, um uns Pizza zu machen und ich husch nach der Arbeit unter die Dusche. Diese zu beherrschen ist eine Wissenschaft für sich, doch dazu komme ich besser ein andermal.

Zum Abendessen schlagen wir uns den Bauch mit Pizza voll und führen ausführliche Gespräche über LARP, andere Rollenspiele, Star Wars, Harry Potter und Fluch der Karibik. Die Gespräche wollen fast gar kein Ende mehr nehmen, bis wir beschließen, dass es zu dunkel geworden ist, um draußen zu sitzen.

Nach dem Abwasch also ziehen wir uns zurück und lassen den Abend ausklingen. Für morgen ist unsere erste Exkursion geplant: ein Museum und Kanufahren, das wird interessant. Wollen wir nur hoffen, dass uns kein Gewitter heimsucht, denn im Zelt, das unter dem höchsten Baum steht, dürfte das wohl etwas unangenehm werden. Trotzdem werde ich wohl Richtung Zelt marschieren. Wir müssen morgen zwar später los, aber etwas mehr Schlaf tut sicher auch mal gut.


7. Tag: 08. August 2009

Ah, ausschlafen! Das tut mal richtig gut, bis auf die Tatsache, dass Samuel mit einer Sache recht hatte, nämlich dass man ab einer gewissen Uhrzeit im Zelt gegarrt wird. Dementsprechend sieht unser erster Wortwechsel des Tages so aus:

Ich (verschlafen): Jetzt kommt die Grillzeit.

Steffi(brummend): Mhm.

Ich(halb im Kissen vergraben): Trotzdem weiterschlafen

Steffi: Mhm.

Gegen 9 wagen wir uns dann aber doch alle nach und nach aus unseren Gemächern und tapsen zum Frühstück. Samuel ist natürlich längst auf den Beinen und hat frische Baguettes für uns besorgt.

Danach muss für die kommenden Tage eingekauft werden, weshalb ein Trupp loszieht, während der Rest von uns den Abwasch macht und noch ein bißchen die Küche in Ordnung bringt. Der Vormittag verläuft ansonsten sehr relaxt. Meinereiner liest zum Beispiel etwas in einem Buch, während Erik und Steffi ihr Klavierstück zum Gladiator Soundtrack perfektionieren. Es klingt wirklich toll!

Eigentlich war die Abfahrt für 11 geplant, doch bis das Einkaufsteam zurückkommt, geht es schon auf die 12 zu. Kein Grund zur Panik, wir sind hier ja schließlich im Süden, da geht alles seinen ruhigen Gang.

Als dann aller Proviant gerichtet und jeder seine Badeklamotten eingepackt und sich mit Sonnencreme eingeschmiert hat, kann es losgehen. Unsere erste Station heute ist zunächst das Musée regional de Prehistoire de Quinson. Um dort hin zu gelangen fahren wir über mehrere Berge die Serpentinenstraße hinauf und hinunter, entdecken dabei romantische Dörfer, weite Berglandschaften und hin und wieder Hänge mit den traurigen Überresten eines Waldbrandes.

An unserem Zielort legen wir zuerst mal eine Mittagspause ein, indem wir uns unter einen Baum setzen und picknicken. Gestärkt können wir dann zum Museum laufen und uns dort ein wenig amüsieren. Vor allem die gezeigten Filme und die nachgestellten Lebensbilder beschäftigen uns sehr, weil es immer einen Unterschied darin gibt, wie die Archäologie dargestellt wird und wie sie in der Realität ist. Außerdem stößt man immer wieder bei den Lebensbilder auf gewisse Tabus, die schwer zu brechen sind. Oder haben sich Frauen wirklich schon in der Jungsteinzeit die Beine eppeliert? Nein? Aber warum hat dann keine der Frauenfiguren haarige Beine? Und warum entspricht die Rollenverteilung immer dem typischen Bild? Wieso haben damals nicht die Männer gesponnen und die Frauen Speere geworfen?

Nach dem Museum haben wir uns genug intellektuell hervorgetan, jetzt kommt der Spaß. Samuel hat für uns eine Kanufahrt organisiert. Zu dritt klettern wir in die wackligen Boote, eingepackt in unsere dicken Schwimmwesten und setzten hinaus auf den Fluss. Leider hat sich inzwischen das Wetter verschlechtert. Ein Gewitter liegt in der Luft, weshalb wir darauf gefasst sein müssen, jederzeit umzudrehen. Geplant ist auf jeden Fall eine Stunde.

Steffi, Laura und ich teilen uns ein Kanu. Wie ihr euch vorstellen könnt, ist bei dieser Konstellation das Chaos eigentlich praktisch schon vorprogrammiert. Und spätestens nach den ersten 10 Minuten bewahrheitet sich das auch. Obwohl wir uns wirklich größte Mühe geben, das Kanu unter Kontrolle zu halten, will es einfach nicht so, wie wir wollen, mit dem Resultat, dass wir in verrückten Schlangenlinien hin und her kreuzen, aber einfach nicht so recht vom Fleck kommen. Dabei wollen wir doch eigentlich bis in die Schlucht rein fahren, die ein Stück flussaufwärts anfängt. Trotz allem haben wir aber einen riesigen Fun, auch wenn wir nicht sehr weit in die Schlucht hineinfahren können, bevor es schon wieder Zeit ist, umzudrehen. Auf dem Rückweg kommt uns das Kanu von Daniel, Erik und Samuel zu Hilfe, die dem Elend nicht mehr zuschauen können und uns ein Stück weit abschleppen. Samuel erklärt uns dabei auch das beste System, wie wir besser vorwärts kommen, nämlich, dass der vorderste paddelt und damit antreibt, während der hinterste steuert, indem er ab und an das Ruder reinhält. Tja, Glück für mich, die in der Mitte sitzt. Ich muss Laura nur Anweisungen geben, in welche Richtung sie steuern muss.

Auf diese Weise kommen wir doch recht gut zur Bootsvermietung zurück. Wir sind alle total nass, weil wir durch das Rudern immer Wasser reingeschaufelt haben, wir sind total im Chaos rumgekurvt, aber wir hatten unseren Spaß. Nur die Arme tun uns jetzt ganz schön weh.

Auf dem Rückweg wollten wir eigentlich noch in einem Dorf anhalten, um dort zu baden, aber das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung, als es anfängt zu regnen. Die meisten von uns bekommen aber davon wenig mit,weil Steffi, Laura und ich viel lieber über Dialekte diskutieren, mögen sie jetzt deutsch, schweizerisch oder englisch sein, und die zwei Jungs vor uns bald im Reich der Träume verschwunden sind.

Als wir zurück nach Aurabelle kommen, ist das Wetter undurchsichtig. Einerseits ist es sehr heiß und die Sonne scheint, auf der anderen Seite, sehen wir am Horizont, wie die Blitze über den tiefschwarzen Himmel zucken. Das hält uns aber trotzdem nicht davon ab, unsere Badesachen zu packen, die wir ja sowieso schon gerichtet hatten, und zu unserem See zu laufen, um uns doch noch unsere Abkühlung zu holen. Ein bißchen unheimlich ist es natürlich, wenn man schwimmt und dabei in der Ferne das Donnergrollen hört, aber schlussendlich zieht das Gewitter ohnehin von uns weg.

Heute ist grillen angesagt und in diesem Fall ist das Männersache. Während also unsere Männer das Holz herbeischaffen und den großen Grill anfeuern, können wir Mädels noch ein paar verrückte Videos im Internet anschauen.

Zu fortgeschrittener Stunde gibt es dann einen Apéro, bei dem Steffi gleich etwas zu tief ins Glas schaut (Zitat: „Alles dreht sich.“). Erik und Arvid sind heute die Grillmeister und opfern ihre Finger in den hohen Flammen, um uns Sardinen und Hecht zu grillen, die wir von Isabelle geschenkt bekommen haben.

Wir führen unterdessen interessante Diskussionen über die Studienordnung und den Neopanganismus, futtern Salat und Steffis Zazikki und merken dabei gar nicht, dass es später und später wird. Erst als die ersten nach und nach dezent im Zelt verschwinden wird klar, dass wir die Geisterstunde schon hinter uns gelassen haben. Sogar die Katzen, die von uns mit Fischresten versorgt worden waren, haben mittlerweile ihre Belagerung aufgegeben. Nur eine von ihnen, die alte, halbblinde Katze, die ich Grizabella, getauft habe, genießt es bei Steffi auf dem Schoß zu schlafen, die mittlerweile selbst kurz davor ist, wegzudösen. Schließlich beschließen wir, dass es wirklich Zeit ist, das Feld zu räumen.

Ohje, in unserem Zelt herrscht das reinste Chaos, aber jetzt ist sicher nicht der richtige Zeitpunkt, um aufzuräumen. Das hat auch noch bis morgen Zeit, wenn wir unseren ersten freien Tag haben.

Gute Nacht!


8. Tag: 09. August 2009

Wir sind verschont geblieben, kein Gewitter hat uns geweckt. Nur eine Taube meint zu unmenschlicher Zeit, sich direkt vor unserem Zelt platzieren zu müssen, um uns mit ihrem Gegurre in den Wahnsinn zu treiben. Die nächste Schlafphase wird gegen halb 9 von Cordulas und Cecilies lautem Lachen unterbrochen, was besonders von Arvid aus dem Nebenzelt mit einem genervten Knurren kommentiert wird.

Um 9 halte auch ich es nicht mehr in der Sauna unseres Zeltes aus und husch ins Bad.

Zum Frühstück lassen wir uns alle heute besonders viel Zeit, nämlich bis auch der letzte von uns aufgestanden und gefuttert hat. Brigitte geht noch auf einen Dorfmarkt mit ein paar von uns, während Cecilie und Cordula mit ihrem Auto einen eigenen Ausflug zum Baden unternehmen.

Der Rest von uns verbringt seine Freizeit wie es ihm gefällt. In Samuels Fall sind das nach wie vor die Scherben, die er freudig pfeifend zusammensetzt, während wir froh sind, dass wir dazu heute nicht verpflichtet sind.

Ich gehe mal davon aus, dass heute nicht sehr viel spektakuläres passieren wird, deshalb habe ich beschlossen, erst mal ein Wochenresumée zu schreiben.

Für das bessere Verständnis hier erst mal ein paar Worte zu unserem Team:

Da wäre zum einen natürlich mal Steffi, die ihr ja schon aus dem früheren Bericht kennt. Um ein paar Stichwörter zu nennen, die zu ihr passen wäre da wohl passend: Serienjunkie, verrückte Nudel und Schlafanfall.

Als nächstes hätten wir da Laura, die am IPNA studiert. Wie wir festgestellt haben, hat sie ebenso einen Schuss wie wir und hat eine Vorliebe für allerhand Serien, Filme und Rollenspiele. Vor allem mit Monty Python kann man ihr Freude machen.

Erik, unser Musikus, hat für jede Situation den passenden Spruch und weiß, wie er die Leut am besten unterhalten kann. Egal welches Thema, er kann mit sehr viel Wissen aufwarten und berichtet hin und wieder über seine verrückten Erfahrungen beim schweizer Militär.

Wo er ist, ist meistens auch Daniel nicht weit, unser Nesthäkchen. Mit seinem trockenen Humor, den er jederzeit zum Einsatz bringt, gibt es eigentlich kaum eine lange Phase, in der wir uns nicht seinetwegen kugeln vor lachen. Besonders Süßigkeiten – Kekse vor allem – sind nirgendwo vor ihm sicher.

Cordula ist nicht nur Studentin, sondern auch Hilfsassistentin unserer Professorin, weshalb sie sehr oft damit beschäftigt ist, für den reibungslosen Ablauf des Programms zu sorgen. Es wäre nicht sehr ratsam, sie zu einem Lachkrampf zu verleiten, da dieser dann kaum mehr zu bremsen ist ^^. Sie wohnt zusammen mit ihrer Freundin Cecilie in dem größten Zelt weit und breit, das gerne von uns auch als Halle oder Palast bezeichnet wird (ein schweizer Armeezelt, das eigentlich Platz für 8 Personen bietet).

Dann wäre da natürlich noch Brigitte, unsere Professorin, die das ganze hier organisiert hat. Anfangs war es noch etwas ungewöhnlich vom Sie zum Du überzuschwenken, aber mittlerweile ist es zum Normalzustand geworden.

Sie ist zusammen mit ihrem Sohn Arvid (links) hier, was hin und wieder natürlich dazu führt, das die ein oder andere Mutter-Kind Diskussionen aufkommen. Doch im großen und Ganzen ist er sehr interessiert an unserer Arbeit und hilft eifrig mit. Außerdem hat er seine Leidenschaft für das Jassen (ein schweizer Kartenspiel) entdeckt, wenn er nicht gerade in seiner Freizeit Internetspiele spielt.

Zu guter letzt, ist da natürlich noch Samuel. Er ist zwar ein Franzose, studierte aber in Deutschland, weshalb er beide Sprachen perfekt beherrscht. Seine ruhige, geduldige Art ist vermutlich ein Grund, warum hier stets eine lockere Stimmung herrscht. Stets hilfsbereit und mit viel Humor versucht er uns für seine Scherben zu begeistern.

Der einzige, der noch fehlt ist Johann. Über ihn kann ich momentan noch nicht viel sagen, weil er erst heute Abend zu uns stoßen wird. Aber ich bin mir sehr sicher, dass er sehr gut in unsere verrückte Truppe passen wird.

Ansonsten wäre da nochmals Isabelle zu erwähnen, der dieses Haus und die umliegenden Gebäude gehört. Sie schaut ab und an vorbei und versorgt uns gerne mit Leckereien. Ihre Tochter Sarah studiert übrigens auch Archäologie und schreibt nun an ihrer Masterarbeit über die Knochengeräte von Mourre de la Barque.

Nach einer Woche haben wir uns hier alle gut eingelebt. Natürlich gibt es hin und wieder Sprachbarrieren, aber mit Händen und Füßen kann man notfalls nachhelfen.

Erstaunlicherweise wurde bisher keiner von uns von einer Wespe gestochen, obwohl die Viecher besonders bei Tisch sehr nervig sein können. Im Haus hingegen sind es die Fliegen, die einem in den Wahnsinn treiben.

Das Essen muss stets gesichert sein, nicht nur vor hungrigen Katzen, sondern auch vor kleinen Ameisen, die durch die ein oder andere Ritze kriechen und ebenso versessen sind auf alles was süß ist, wie Daniel.

Von den Katzen gibt es hier jede Menge. Zutraulich sind aber eigentlich nur drei von ihnen: ein schwarzer Kater namens Marchavons(1. Katzenfoto), der sich besonders gerne in Pose wirft, um seine Schönheit zu zeigen, eine graue Katze, namens Minou (3. Katzenfoto unten) und hochschwanger ist, weshalb sie gerne dem Schwarzen eine Ohrfeige verpasst und eine ganz alte, hellbraune Dame (2. Katzenfoto), die halb blind ist und gerne kuschelt, wenn man sie sich auf den Schoß holt. Alle anderen nähern sich den Zweibeinern lieber nicht.

Unser Haus hat ebenso seine Eigenheiten. Entgegen jeder Logik muss man zum Beispiel den Herd auf 2 stellen, da dies die höchste Stufe ist, wohingegen 6 die niedrigste Stufe ist.

Um die äußere Badtür zu schließen, sollte man ihr immer noch einen kleinen Schubs geben, damit sie einrastet und bei der Dusche ist die Temperaturverstellung ein Fall für das Feingefühl, andernfalls erfriert man oder verbrüht sich.

WLAN ist vorhanden, allerdings nur, wenn man den Platz am Schreibtisch ergattert, bei dem natürlich Brigitte und Samuel Vorrang haben, oder man platziert sich unmittelbar daneben auf die Treppe.

Unsere kleine Zeltstadt wurde unmittelbar hinter ein paar riesigen Tannen gestellt. Das zu Hause von Steffi und mir, ist das zweite von links, am besten von rechts erreichbar, um nicht über Arvids Seil zu stolpern, neben dem Armeisenloch scharf links.

Tagsüber wird es meist sehr heiß, in der Nacht hingegen kühlt es stark ab, weshalb es auf erträgliche Temperaturen im Zelt abkühlt. Ansonsten ist es nachts eigentlich ganz gut zu schlafen, wenn nur der Untergrund nicht ganz so hart wäre.

Essen tun wir meistens draußen, soweit es morgens noch nicht zu kühl ist. Die Vorträge zur Mittagszeit finden dagegen drinnen statt. Unser Untergeschoss besteht außerdem noch, aus dem genannten Bad, einer Kochnische mit 2 Spülen, einer Ecke mit einem Sofa und mehreren Sesseln, sowie einem Klavier.

Der Ort selbst ist sehr ruhig. Ich habe noch nicht gezählt, aber ich schätze ihn auf 6-7 Häuser, umgeben von Pferdekoppeln. Wenn man mal keine Scherben mehr sehen kann, lohnt es sich, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen, wo man einen kleinen Ort namens Gréoux entdecken kann, der für seine Thermalquellen bekannt ist.

Ansonsten gibt es wohl nicht mehr viel zu sagen. Persönliche Statistik: noch keine Verluste, keine nennenswerte Verletzungen. Ich habe es sogar geschafft in meinem Buch zu lesen, das daheim schon seit einiger Zeit neben meinem Bett gestanden ist. Ich werde es wohl kaum fertig bringen, aber zumindest ein gehöriges Stück weiter kommen.

Das nächste auf meinem Tagesplan ist jetzt, mein Zelt aufzuräumen. Nach einer Woche sieht es in meinem Koffer schon ziemlich wild aus.

Ich nehme alles zurück, was ich vorhin gesagt habe, es ist doch noch etwas spektakuläres passiert: ein riesiges Unwetter ist aufgezogen. Mit einem mal schüttet es wie aus Kübeln, begleitet von einem Gewitter direkt über unseren Köpfen und als ob das nicht genug wäre, mischen sich auch ein paar Hagelkörner darunter. Entsetzt sehen wir zu, wie unser Hinterhof geflutet wird und bangen um unsere Zelte. Jetzt können sie beweisen, was in ihnen steckt.

Erik will aber lieber auf Nummer sicher gehen und stürzt sich oben ohne in die Fluten, um sich zu vergewissern, dass alle Zelte zu sind, während sich Samuel eisern bei seinen Scherben verschanzt und dort gar nicht mehr wegzubringen ist. Schließlich greifen auch Daniel und Arvid ein, um zu versuchen einen Entwässerungsgraben um die Zelte anzulgen. Da aber das Gewitter noch immer über ihren Köpfen tobt, schickt Samuel sie wieder rein. Schließlich braucht er seine Arbeitskräfte ja noch.

Man könnte glauben, die Welt geht unter, aber was bleibt uns anderes übrig, als drinnen auszuharren? Nach einigen Stunden ist der Spuk dann endlich vorbei und wir können Bilanz ziehen. Zum Glück ist es nochmal gut gegangen, bis auf das Zelt von Laura, in dem es etwas feucht geworden ist, sind alle anderen unversehrt geblieben.

Jetzt sieht es aus, als wäre nichts gewesen. Zwar ist der Himmel noch bedeckt, doch das Schlimmste scheint überstanden. Grund genug, unseren Grillabend vorzubereiten, während Cordula und Cecilie einen französischen Aprikosenkuchen für uns backen.

Samuel ist inzwischen losgefahren, um Johann abzuholen. Er wird im großen Zelt Asyl finden. Ich hingegen werde jetzt endlich mal den Bericht online stellen und morgen weiter berichten, sollte sich noch etwas nennenswertes ereignen.