Sonntag, 31. Januar 2010

Tag 6: Meidum und Dashur (Mittwoch, 27. Januar 2010)

Es ist kaum zu fassen, als der Wecker um 6.45 Uhr klingelt, aber es muss leider sein. Nachdem wir uns alle mit Frühstück gestärkt und mit Wasser vom Kiosk versorgt haben, überwiegt jedoch die Aufregung. Heute geht es nach Meidum und Dashur, zwei interessante Orte, die sonst in keinem der üblichen Touristenrouten enthalten sind.
Zunächst gibt es aber noch ein paar Startschwierigkeiten. Nicht nur, dass die Straßen der Innenstadt vollgestopft sind und wir noch einen Zwischenhalt einlegen müssen, damit Melanie und Hassan unser Picknick einkaufen können, nein, wir müssen schließlich auch noch warten, bis der Bus aufgetankt wurde.
Dann aber kann es wirklich losgehen. Ich hab mich im Hotel extra zweimal versichert, dass diesmal der Fotoapparat dabei ist, denn das will ich wirklich nicht versäumen.
Fast eine Stunde lang fahren wir durch die Wüste. Unterwegs begegnet uns nichts, als ein paar zerfallene Häuser, hin und wieder eine Tankstelle und auch mal eine einsam wirkende Moschee. Leichte Bedenken kommen uns, als der Bus plötzlich zu spinnen anfängt. Die Vorstellung hier irgendwo festzustecken wäre alles andere als rosig.
Schlussendlich fängt sich aber unser Bus wieder und wir kommen sicher gegen halb 11 in Meidum an. Hier steht die erste der drei Pyramiden des Snofru, dem Vater Cheops‘. Er war der erste, der eine „echte“ Pyramide bauen ließ, allerdings brauchte er dafür mehrere Anläufe. Von der Pyramide von Meidum ist heute nur noch der stufenförmige Kern erhalten, weshalb sie eigenartig aussieht. Aber allein die Tatsache, dass wir die einzigen auf dem Gelände sind (mal abgesehen von mind. genauso vielen Wachsoldaten) macht die ganze Sache noch viel aufregender. Hierher verirren sich nicht viele Touristen, obwohl es ein sehr eindrückliches Bauwerk ist.
Nachdem wir die Pyramide einmal umrundet haben und uns das dazugehörige Stelenheiligtum angesehen haben, geht es hinein. Spätestens jetzt wird klar, dass hier nicht sehr viele Leute herkommen. Der Schacht selbst ist zwar sympathisch groß, sodass man sich nicht zu sehr den Rücken verrenken muss, aber weil immer mal wieder das Geländer aufhört, wird der Abstieg ganz schön aufregend. Das Tolle ist aber, dass wir Fotos machen dürfen, so können wir unser Erlebnis gut festhalten.
Als wir dann hechelnd wieder herauskommen, ist es schon wieder Zeit zum Abfahren. Gegessen wird während der Fahrt nach Dashur, schließlich wollen wir ja keine unnötige Zeit verschwenden. Zurück in Kairo verläuft die Fahrt entlang des Fruchtlandes mit den vielen Palmen und Plantagen, hin und wieder ein Eselkarren und kleinen Dörfern. Für Abusir, wo die Pyramiden der 5 Dynastie und ihre Sonnenheiligtümer stehen, reicht die Zeit leider nicht. So können wir die Pyramiden leider nur aus der Ferne betrachten und zuhören, was uns Steffi S. über Mikro erzählt.
Vorbei an Sakkara, gelangen wir dann schließlich nach Dashur, wo Snofru einst zwei weitere Pyramiden bauen ließ. Die ältere der beiden ist die sog. Knickpyramide. Weshalb sie diesen Namen trägt, ist nicht schwer zu erraten. Schon während des Baus merkte man, dass die Pyramide absackte und so versuchte man noch zu retten, was zu retten war, indem man den Neigungswinkel änderte. Schlussendlich hat auch das nichts geholfen. Die Knickpyramide wurde nie als Grabmal genutzt.
Begeistert umrunden wir diese außergewöhnliche Pyramide, ständig begleitet von zwei Wachsoldaten auf ihren Kamelen. Kopfschüttelnd verfolgen sie, wie wir an einer geeigneten Stelle uns zu einem Gruppenfoto positionieren und uns dabei mit Selbstauslöser herumschlagen. Das Resultat lässt sich aber sehen.
Hinein können wir leider nicht. Obwohl die Pyramide schon seit über 4600 Jahren steht, besteht dennoch Einsturzgefahr, weshalb sie für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.
Also setzen wir uns in den Bus und fahren zur Roten Pyramide, der dritten und erfolgreichen Pyramide des Snofru. Ihren Namen erhielt sie wegen des rötlichen Kalksteins mit dem das Kernmauerwerk errichtet wurde.
Als wir aussteigen stiehlt ein kleiner Hund der riesigen Pyramide vollkommen die Show. Der kleine Kerl ist aber auch zu putzig und jeder will ihn fotografieren. Mama Hund betrachtet das ganze recht skeptisch und schließlich kommt auch sie daher gelaufen, vermutlich um für die Fotos das nötige Bakschisch zu verlangen.
Die Rote Pyramide ist die letzte Pyramide, die wir auf dieser Exkursion von innen erkunden und gleichzeitig auch die beschwerlichste. Der ewig lange Schacht nach unten geht ins Kreuz und je weiter runter wir kommen, desto heißer und stickiger wird es. Ein muffiger Geruch liegt in der Luft und ein paar von uns wird schon mulmig zumute. Aber echte Archäologen lassen sich nicht abschrecken oder? Also erklimmen wir auch noch die leiterartigen Treppen, die uns in die obere Grabkammer führen und alles wird natürlich fotodokumentiert.
Als wir dann den Schacht wieder mühsam nach oben gekrochen sind, sind wir alle außer Atem und haben genug für unsere Beinmuskulatur gemacht. Erst mal tief durchatmen nach diesem sauerstoffarmen Gemäuer dort unten!
Bald schon ist die Anstrengung aber wieder vergessen und wir umrunden die Pyramide, um noch zu den Überresten des Totentempels zu gelangen, wo auch noch die Pyramidenspitze zu bewundern ist. Leider ist es schon wieder Zeit zu gehen und so lassen wir auch Dashur hinter uns, um mit dem Bus zu unserem Restaurant zu fahren, dass wir schon am Sonntag besucht hatten. Diesmal geht die Rechnung auf die Seminarkasse, was uns natürlich sehr freut. Wir können uns auch viel mehr Zeit lassen, da das Programm für heute beendet ist.
Als wir im Hotel ankommen, wird es erst mal Zeit für etwas Erholung. Allerdings ist der Abend noch so jung, es wäre zu schade, ihn zu vergeuden.
Um 20 Uhr treffen wir uns in der Lobby für einen kleinen Ausflug in unsere Shopping-Meile. Ich gehe nicht wirklich mit, weil ich beabsichtige, etwas zu kaufen, sondern, um dieses Feeling mitzuerleben. Dies ist nicht der Markt, wo sich die Touristen tummeln, sondern die Einheimischen und hier einzukaufen ist wirklich ein Erlebnis. Wir schlendern von Schuhladen zu Schuhladen (entdecken dabei lustige Marken, wie zum Beispiel Daddidas), huschen über die Straßen und betrachten fasziniert die eigenartigen Schaufenster.
Noch während wir auf unserer Shopping-Tour sind, erhalten wir eine schlechte Nachricht. Eigentlich war es für morgen geplant, dass wir am Vormittag die Universität von Kairo besuchen. Die Dekanin hat uns eingeladen, wollte uns alles zeigen, unter anderem die Sammlung von Fundstücken. Doch daraus wird nun nichts. Offenbar sind für morgen Demonstrationen an der Uni geplant und aus Sicherheitsgründen sollten deshalb keine Ausländer auf das Gelände. Wirklich schade, wir haben uns schon alle sehr gefreut.
Als wir allmählich genug von Schuhen und Kleidern haben, schlendern wir noch so weit durch die Straßen, bis wir fast wieder beim Museum sind. Dort ganz in der Nähe befindet sich nämlich die American University of Cairo, wo es die besten englischsprachigen Bücher der Stadt gibt. Nur leider sind wir zu spät und der Laden hat bereits zu.
Macht nichts, denkt sich unsere flinke Isabella und will uns unbedingt noch etwas zeigen. Wir können kaum Schritt mit ihr halten so schnell huscht sie uns voraus und stürzt sich in Kamikazemanövern auf die Straße, bis wir endlich an der Et-Tahir Brücke angelangt sind. Von hier aus hat man einen wunderschönen Blick auf den Nil, der in das bunte Lichtermeer der Stadt getaucht ist. Da ich nur mit einer Shopping-Tour gerechnet habe, habe ich natürlich keine Digicam dabei, aber wie ich sie kenne, hätte sie bei diesen Lichtverhältnissen ohnehin nur verschwommene Bilder gemacht.
Als wir gegen halb 12 wieder im Hotel sind, will ich nichts mehr, wie ab ins Bett. Wenn ich genau aufpasse, hab ich noch immer ein kleines bißchen den muffigen Geruch der Pyramide in der Nase. Könnte allerdings auch an dem Smog hier in Kairo liegen, bei dem man langsam eine Asthmalunge bekommt. Wenn ich zu Hause bin, muss ich erst mal dem nächsten Luftkurort einen Besuch abstatten.

Keine Kommentare: