Montag, 1. Februar 2010

Tag 2: Das koptische und islamische Kairo (Samstag, 22. Januar 2010)

Von schlafen kann überhaupt keine Rede sein! Das war wirklich eine Horrornacht. Von draußen kam ein ständiges Stimmengewirr, aber ganz ehrlich: es hat mich gar nicht gestört. Dieses monotone Geräusch war weit erträglicher als die tropfende Dusche im Bad. Zum Glück hat die seltsame Falttür genug Schutz geboten, als ich sie schließlich geschlossen habe.
Dann war Ruh. Nur ich konnte noch immer nicht schlafen. Habt ihr schon mal mit dem Kopf auf einem Sandsack geschlafen? Genau so hat es sich angefühlt. Ich konnte auf diesem harten, störrischen Kissen einfach kein Auge zumachen. Also hab ich einfach meine Jacke genommen und darauf mein Nachtlager errichtet. Nicht zu bequem, aber erträglich.
Wenn da nicht noch diese verdammte Mücke gewesen wäre, die mir um die Ohren gesurrt ist. Das darf doch wohl nicht wahr sein!
Ich weiß nicht, wann ich dann wirklich eingeschlafen bin. Es muss wohl sehr weit nach Mitternacht gewesen sein und als jetzt um 7.30 Uhr der Wecker klingelt, bin ich völlig fertig. Meine Zimmerpartnerin Sandra sieht das nicht viel anders.
Mit allem ausgerüstet, was man für den Tag so braucht, geht’s erst mal zum Frühstück: ein paar Scheiben Toast, Milchbrötchen und Croissant, dazu Erdbeermarmelade (die kaum nach Erdbeeren, sondern mehr nach Zuckerwasser schmeckt), Butter und Streichkäseecken. Zum trinken einen furchtbar süßen Saft (ich schätze nicht mehr als 20% Fruchtanteil) und wahlweise Kaffee oder Tee. Ich habe mir sagen lassen, dass der Kaffee eigenartig aber erträglich war, doch ich kann sagen, dass der Tee wirklich gut war!
Um halb 9 starten wir also auf unsere heutige Tour durch Kairo. Für den Vormittag steht das koptische Kairo auf dem Programm (für alle, die es nicht wissen: Kopten werden die ägyptischen Christen genannt, eine der ältesten Formen des Christentums überhaupt).
Die erste Kirche, die wir uns ansehen ist El-Moallaqa, „die Hängende“. Sie wird so genannt, weil sie auf den Mauern der alten Festung Babylon gebaut wurde. Das alte Kairo stammt nämlich nicht aus pharaonischer Zeit, sondern wurde von den Römern als bedeutender Flusshafen zwischen den alten Städten Memphis und Heliopolis erbaut. In diese Festung zogen sich einst die Christen nach dem Zerfall des Römischen Reiches zurück.
El-Moallaqa liegt genau neben dem Koptischen Museum, das sehr schön sein soll, doch leider reicht die Zeit nicht.
Nur ein Fußmarsch davon entfernt liegt die Kirche Abu Serga. Sie ist die älteste Kirche Kairos und wurde im 7. Jhd. über einer Höhle erbaut, von der man sagt, dass sie der Unterschlupf für die heilige Familie gewesen war, nachdem diese nach Ägypten hatten fliehen müssen. Leider ist diese Höhle nicht zugänglich, aber man kann natürlich Postkarten kaufen.
Gar nicht weit davon befindet sich eine jüdische Synagoge mit Namen Ben Ezra. Als der Bau im 7. Jhd. errichtet wurde, war es eigentlich eine koptische Kirche. Erst 500 Jahre später wurde sie von Ben Ezra gekauft, um den Juden der Stadt einen Ort zum Beten zu geben. Ende des 19. Jahrhunderts fand man hier eine riesige Sammlung uralter Pergamentrollen mit Texten aus dem Alten Testament und man sagt auch, dass hier einst der kleine Moses im Weidenkörbchen versteckt wurde.
Eine kurze Busfahrt später geht es weiter zum islamischen Kairo mit der alten Amr Ibn es-As-Moschee, die älteste Moschee des Orients. Es heißt, der Brunnen sei einst von der heiligen Moschee in Mekka gespeist worden.
Es ist sicher keine Neuheit für euch, dass man sich als Tourist in einem arabischen Land an gewisse Regeln halten muss. Dazu gehört auch, dass man sich beim Besuch einer Moschee dementsprechend anzuziehen hat. Das heißt: Hosen, die bis über die Knie reichen, die Schultern müssen bedeckt sein und Frauen haben ihren Kopf zu bedecken. Außerdem muss man die Schuhe ausziehen. Die meisten von uns haben sich schon richtig vorbereitet, entweder mit Kopftüchern oder so wie ich mit einer dünnen Jacke, bei der man die Kapuze aufziehen kann. Einige von uns nehmen allerdings das hiesige Angebot an und werfen sich diesen grauenhaften, grasgrünen Umhang, in dem man aussieht, als käme man von einem grünen Kukluxklan. Die Bilder sind wirklich herrlich *lol*.
Nachdem uns Hassan viel über den Islam erzählt hat und wir uns alles angesehen haben, müssen wir erst mal wieder unsere Schuhe mit dem richtigen Bakschisch auslösen, bevor wir tiefer in die Stadt fahren.
Unsere nächste Station ist die Ibn Tulun Moschee. Besonders eindrücklich ist bei ihr das spiralförmige Minarett, von dem man einen tollen Blick über die Stadt hat. Es ist 12 Uhr, als wir uns an den Aufstieg auf das Minarett machen und so bietet sich uns ein akustisches Spektakel, denn um die Mittagszeit ist Kairo nicht nur erfüllt vom Glockengeläut der Kirchen, sondern auch vom Singsang des Muezzins, der zum Mittagsgebet aufruft. Worüber wir uns zu Hause beklagen, klingt hier aber wirklich wunderschön.
Hechelnden Atems und schwerer Beine kommen wir schließlich oben an, aber der Aufstieg hat sich wirklich gelohnt. Allerdings ist das ganze nichts für schwache Nerven, denn ein Geländer oder sonstige Sicherungen existieren hier nicht. Das heißt also vorsichtige Schritte, auch wenn der Ausblick noch so faszinierend ist: die Minarette und Kuppeln der Moscheen, die Zitadelle auf dem Berg, im Hintergrund das Gebirge und die vielen, vielen Häuser und Straßen.
Allmählich sind wir schon müde und hungrig, aber zuerst machen wir noch einen Abstecher in das sog. Gayer-Anderson-Museum, das direkt neben der Moschee liegt. Es stammt aus der osmanischen Zeit Kairos und verfügt über eine schöne orientalische Einrichtung. Den Namen erhielt das Haus, weil es 1935 von Major Gayer-Anderson gekauft wurde, der dort seine Sammlung orientalischer Gegenstände aufbewahrte.
Jetzt ist erst mal Zeit für eine Mittagspause. Nicht weit von unserem Hotel entfernt befindet sich das Restaurant Felfela. Dort kann man wirklich gut und orientalisch essen, doch wundert euch nicht, dass es ein sehr touristisches Restaurant ist, denn wie wir festgestellt haben, steht es in fast jedem Reiseführer. Für heute hat Frau Lüscher uns ein Menü bestellt.
Zunächst gibt es Salat. Jetzt denkt ihr sicher: Oh Gott, man darf doch nichts Rohes essen! Da habt ihr Recht. In Ägypten versteht man aber unter Salat etwas ganz anderes. Es handelt sich dabei um verschiedene Soßen, in die man Fladenbrot tunkt: Baba Ghanush (Auberginenpaste), Humus (Sesam und Kichererbsen) und Tahina (Knoblauch). Dies ist eine ganz feine ägyptische Vorspeise.
Hinterher schlagen wir uns noch mit gegrilltem Fleisch den Magen voll.
Gestärkt kann es also ans Nachmittagsprogramm gehen. Unser Bus bringt uns zur Zitadelle, einer Festung hoch oben auf einem Berg, die im 12. Jhd. von Saladin als Bollwerk gegen die Kreuzritter gebaut wurde. Besonders dominant und schon von weitem sichtbar ist dort die Mohammed Ali Moschee (auch Alabastermoschee genannt), die natürlich der absolute Touristenmagnet ist. Auch von Händlern wimmelt es hier nur so, aber wir sind zum Glück flink genug, um uns nicht für unnötiges Geld einen Plastiküberzug für unsere Schuhe andrehen zu lassen.
Das Innere der Moschee ist wirklich beeindruckend, allerdings wirkt der Glockenturm im Hof völlig unpassend. Dieses seltsame Ding bekam einst König Mohammed Ali im Austausch für den Obelisken von Luxor vom französischen König geschenkt. Wenn man bedenkt, wie schön sich dieser Obelisk jetzt auf dem Place de la Concorde macht, scheint dieses Geschäft wirklich lächerlich.
Von der Zitadelle hat man auch einen herrlichen Blick über das von Smog verhangene Kairo. Man könnte diesen Blick auch fast ungestört genießen, wären da nicht die Händler, die einige von uns Mädels unbedingt für ein paar Kamele kaufen wollen.
Wir befinden uns mitten im ägyptischen Winter, was bedeutet, dass alle Sights um 16 Uhr schließen. Für heute haben wir aber auch genug gesehen und fotografiert. Jetzt geht es ans wirklich eingemachte: der Khan el-Khalilli, der große Basar der Innenstadt.
Während Frau Lüscher und Melanie schon mal einen Ort für das Abendessen suchen, ist Hassan so nett uns ein bißchen durch die von Händler gesäumten Gassen zu führen, damit wir eine Orientierung haben. Schließlich aber schlagen wir uns in kleinen Grüppchen von Laden zu Laden. Im Grunde bieten alle das gleiche an und jeder ist eifrig dabei die Touristen in seinen Laden zu locken. Hat man etwas gesichtet, geht es ans Feilschen. Das ist für uns recht ungewohnt, aber es macht sehr viel Spaß (zumindest für eine begrenzte Zeit ;) ). Ein Skarabäus-Armband hab ich schnell erstanden, komplizierter wird es schon als Sandra zwei Bastet-Figuren erhandeln will. Aber eine Masche funktioniert immer wieder um zum gewünschten Preis zu kommen: sagen, dass es zu teuer ist und weggehen. Dann sind sie schnell hinterher und der Preis purzelt nach unten.
Nicht ganz so leicht geht das mit einem Schal, den sich Sandra kaufen will. Angeblich echtes Kaschmir, so sagt es wohl das arabische Etikett, das eh keiner lesen kann. Den Preis zu drücken ist gar nicht so leicht und weggehen können wir auch nicht, weil wir mitten im engen Laden stehen. Als der Kerl merkt, dass ich Sandra immer wieder auffordere, den Preis noch weiter runter zu setzen, hat er bald genug. Schnell hat er einen Bruder geholt, der mich ablenkt, indem er mir ein T-shirt aufschwatzen will. Schlussendlich sind wir beide aus dem Laden, ich mit einem T-shirt und Sandra mit einem Schal, doch wir haben beide den Preis gezahlt, den wir wollten. Das war ein harter Kampf.
Nachdem ich mir schließlich noch eine kleine Lampe gekauft habe, ist es schon wieder Zeit für den Treffpunkt. Ab hier trennen sich unsere Wege wieder. Der wohlhabendere Teil von uns begibt sich in ein etwas gehobeneres Restaurant, während der Rest von uns mit dem Bus zu einem Fast-Food-Restaurant fährt. Das klingt jetzt etwas primitiv, aber so war es eigentlich gar nicht. Wir haben alle sehr gut gegessen und das zu günstigen Preisen.
Nicht ganz so einfach ist der Rückweg. Hassan hätte uns eigentlich zum Hotel führen sollen, aber irgendwie haben wir uns plötzlich verlaufen. Zum Glück haben wir die kleine Karte mit der Skizze dabei, die wir vom Hotel bekommen haben. So können wir jemanden fragen, der uns den Weg zeigt. Toller Guide, nicht? *g*
Was die Zimmer angeht, so hat sich inzwischen einiges getan. Sandra und ich wurden jetzt in ein Zimmer im obersten Stock umquartiert, das wesentlich besser ist, als dieses Loch von vorher. Wir haben jetzt sogar eine richtige Badtür! Und am meisten freue ich mich über das weiche Kissen. Es scheint das einzige seiner Art im ganzen Hotel zu sein. Ab jetzt werde ich es nicht mehr aus den Augen lassen.

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