Montag, 1. Februar 2010

Tag 4: Giza (Montag, 25. Januar 2010)

Um halb 8 klingelt der Wecker. Zeit zum aufstehen. Was uns als früh erscheint, ist in Anbetracht unseres heutigen Programms eigentlich schon recht spät. Wir wollen nämlich heute nach Giza, dem Plateau, wo die drei berühmtesten Pyramiden Ägyptens stehen. Nur leider hat die Sache noch einen Haken: täglich dürfen nur 300 Personen in die Cheops-Pyramide; 150 am morgen und nochmal 150 am Nachmittag. Im Vergleich zu den Massen, die dorthin strömen ist das nichts! Wir müssen uns also sputen, doch schon im Laufe unserer Fahrt durch Kairo wird klar, dass wir uns verschätzt haben. Das Plateau hat nämlich schon um 8 aufgemacht und nicht erst um 9 wie wir vermutet haben. Zudem ist heute Polizeifeiertag, das heißt auf den Straßen ist nichts los und die Leute können problemlos zu den Pyramiden flitzen.
Es zählt also jede Minute und das heißt, ich darf mich mal wie eine echte Reiseführerin fühlen und mein Referat über die Cheops-Pyramide schon im Bus über Mikro halten. Etwas wacklig die ganze Sache, aber mein Timing ist perfekt. Genau als ich alles gesagt hab, was zu sagen ist, sind wir da.
Schnell huschen wir alle aus dem Bus, um noch ein Ticket zu ergattern, aber unsere Bemühungen sind zwecklos. Ein einziges Ticket ist noch da und die Frage ist: wer bekommt es?
Die Antwort ist überraschend einstimmig: ich soll das Ticket bekommen, schließlich hätte ich ja das Referat vorbereitet. Ich bin ganz platt von dieser Entscheidung, aber nein sag ich dazu natürlich nicht.
Doch dann ändern sich die Dinge erneut, denn Hassan lässt mal wieder seinen Einfluss spielen. Ihm gelingt es, es so zu organisieren, dass für die ganze Gruppe für den Mittag schon Karten vorreserviert werden (was normalerweise nicht geht) und so geb ich mein Ticket zurück und geh lieber mit den anderen am Nachmittag rein.
Nun können wir uns also in Ruhe den Komplex des Cheops von außen anschauen, wo ich hin und wieder noch etwas sage und Fragen der anderen beantworte.
Besonders spannend wird die Besichtigung einer Königinnenpyramide (eine von dreien ist für die Öffentlichkeit zugänglich). Im Grunde ist unsere Gruppe mit fast 20 Leuten schon recht groß für den schmalen Schacht und die kleine Grabkammer. Doch es kommt noch besser, denn der Wächter am Eingang scheint testen zu wollen, wie viele Menschen wohl da drin Platz haben und lässt ungeniert noch eine große Gruppe Koreaner herein. Wir in der Kammer rufen vergeblich, dass der Strom an Touristen, die den Schacht hinunter klettern aufhört. Immer voller und voller wird es und jeder kleinste Winkel wird genutzt, damit noch jemand Platz hat. Wer Platzangst hat, dem sei abgeraten hier rein zu gehen. Wir finden das jedenfalls alles sehr amüsant, doch die Asiaten sehen doch recht hilflos aus, als sie plötzlich auf engsten Raum mit ein paar verrückten Schweizern eingepfercht sind. Ich hätte zu gern ein Foto gemacht.
Irgendwie ist es uns dann doch mal gelungen wieder alle unbeschadet rauszukommen.
So können wir uns dem Grab des Quar widmen, eines Beamten unter Cheops. Besonders schön sind hier die Felsstatuen im Inneren. Gleich danach geht es in das Grab des Ipu, von dem man nicht weiß, ob er der Vater oder der Sohn des Quar war (in beiden Gräbern wird ein Sohn mit dem Namen des jeweils anderen erwähnt). Hier ist besonders die Scheintüre mit der halben Figur sehr außergewöhnlich.
Nach all diesen Gräbern, bewegen wir uns wieder etwas mehr oberirdisch und werfen einen Blick auf die riesigen Bootsgruben, die zum Komplex des Cheops gehören. In zwei davon hat man wirklich noch vollständige Sätze von zerlegten Barken gefunden. Eine davon ist noch immer unangetastet unter den Verschlusssteinen. Die andere wurde hingegen wieder zusammengebaut und ist heute in einem extra gebauten Museum neben der Pyramide zu bestaunen.
Von außen sieht dieses Museum recht eigenartig aus, denn es wirkt nur wie ein komisch geformter Metallkasten. Innen ist es jedoch wirklich sehr gelungen gestaltet, um dieses Boot zur Geltung zu bringen. Um zu verhindern, dass die Touristen den ganzen Wüstensand mit in das Museum bringen, bekommt jeder einen Stoffüberzug für die Schuhe, was wirklich sehr lustig aussieht.
Zunächst kann man einen Blick auf die Grube werfen, in der das Boot gefunden wurde und sich in einer Fotodokumentation anschauen, wie es wieder zusammengebaut wurde. Im oberen Stockwerk dann präsentiert sich das Boot in seiner ganzen Pracht. Es ist wirklich unglaublich, dass dieses Boot nur mit Holzdübeln und Seilen zusammengehalten wird. Kein einziger Nagel ist verwendet worden.
Nach dem Museum umrunden wir noch den restlichen Teil der Cheops-Pyramide und werfen dann noch einen Blick auf den Ostfriedhof, wo die Beamten des Cheops in Mastabas bestattet wurden. Der Friedhof ist leider nicht zugänglich, aber von einem Hügel aus, können wir alles überblicken.
Inzwischen ist es Mittag geworden und am Bus erwartet uns Hassan bereits mit den sehnlichst erwarteten Tickets für die Cheops-Pyramide.
Jetzt ist es aber erst mal Zeit für einen Mittagsimbiss. Das läuft wieder gleich wie gestern ab: rein in den Bus, Fladen, Käse und Obst verspeisen. Dann kann es losgehen. Den Fotoapparat können wir schon getrost im Bus lassen, denn Fotos sind ohnehin im Inneren der Pyramide nicht erlaubt.
Nach dem Aufstieg zum Eingang (eigentlich ein Grabräubertunnel, der eigentliche Eingang liegt etwas höher) geht es erst noch recht gemütlich ins Innere. Dann aber gelangt man in den aufsteigenden Korridor, der steil und eng ist. Zum Glück ist er nicht allzu lang und in der großen Gallerie kann man dann wieder aufrecht stehen (ich habe euch ein paar Bilder aus Fachbüchern eingescannt).
Die Grabkammer selbst ist völlig undekoriert und nur der leere Granitsarkophag steht hier noch. Viele Leute können wir allerdings beobachten, wie sie versuchen die Energien der Pyramide in sich aufzunehmen, indem sie konzentriert die Wände betatschen.
Nachdem wir alles betrachtet haben geht es wieder nach draußen. Damit wäre Cheops für heute abgehakt. Mit dem Bus fahren wir wieder ein Stückchen weiter (der Zeit wegen, nicht wegen der Distanz) zur Pyramide des Chephren. Zunächst schauen wir uns die Pyramide mit der noch erhaltenen Außenverkleidung an der Spitze von außen an und hören zu, was Sandra uns darüber erzählt. Dann können wir uns das ganze von innen anschauen. Lustigerweise kostet Chephren nämlich nicht extra und es können so viele Leute rein, wie wollen. Der Unterschied ist im Inneren auch schnell zu spüren, denn es ist weit wärmer und stickiger als bei Cheops. Es hat eben doch einen Grund, weshalb der Zugang bei Cheops limitiert ist.
Die Zeit rennt schneller, als wir schauen können, denn auch hier schließt das Ganze schon um 16 Uhr und wir haben noch so viel auf dem Programm. Also müssen wir leider Abstriche machen und das heißt in diesem Fall: kein Mykerinos. Die kleinste der drei Pyramiden könne wir leider nur aus der Ferne bewundern und uns das zweite Busreferat anhören.
Der Bus bringt uns noch zum Panorama-Viewpoint. Dort kann man alle drei Pyramiden schön sehen und fotografieren, sofern man ein Plätzchen zwischen all den Touristen findet.
Jetzt reicht noch die letzte Stunde, um mit dem Bus zum Fuß des Plateaus zu fahren, damit wir noch den Sphinx bewundern können. Auch hier tummeln sich Touristen und Händler und alle müssen durch einen kleinen Gang im Tempel, der wie ein Nadelöhr wirkt.
Auf dem Rückweg zum Bus wage ich noch einmal einen Handel. Wer mich kennt, der weiß, wie sehr ich Katzen liebe und bei einer so schönen Bastet-Figur, wie sie hier angeboten wird, kann ich einfach nicht widerstehen. Der Preis muss allerdings schwer ausgehandelt werden. Ich bleib aber hartnäckig und der Händler wird langsam grantig, aber schlussendlich hab ich das gute Stück doch zu einem wirklich günstigen Preis erstanden.
Nachdem wir am späten Nachmittag wieder im Hotel sind, ist es erst mal Zeit, sich etwas auszuruhen. Das ständige laufen und Pyramiden-hoch-und-runter-klettern, war eben doch anstrengend. Ich nutze die Zeit, um zumindest mal ein paar Postkarten zu schreiben.
Um halb 7 treffen wir uns dann in der Lobby, um uns auf die Futtersuche zu machen. Die Straßen, die sonst so belebt sind, sind praktisch wie leergefegt. Warum bloß? Die Antwort ist ganz einfach: Ägypten spielt heute im Africa Cup im Viertelfinale, das will keiner verpassen. In den Kaffeehäusern sammeln sich die Leute vor den Fernsehern. Die Ladenbesitzer machen sogar ihre Türen zu, weil der Fußball wichtiger ist, als die Kunden. Ein wirklich lustiger Anblick. Wir sehen das Spiel zwar nicht, aber die Highlights bekommen wir trotzdem mit, denn bei jedem Tor geht ein riesen Jubel durch die Straßen.
Wir nehmen unser Abendessen heute im Café Riche, einem Restaurant aus der Kolonialzeit, das lange Zeit geschlossen war und nun nach einer Renovierung vor wenigen Jahren wieder aufgemacht hat. Die Atmosphäre dort ist wirklich sehr gemütlich und das Essen sehr fein und günstig. Die Wahl hat sich gelohnt.
Als wir dann später zum Hotel zurücklaufen, hat sich das Straßenbild verändert. Überall laufen die aufgeregten Ägypter herum, denn ihr Team hat das Spiel gewonnen. Und wer glaubt, dass es im lauten Kairo keine Steigerung für das Hupen der Autos geben kann, der hat sich getäuscht. Es geht noch mehr und noch lauter.
Wir bewegen uns in einem ständigen Stop-and-go vor, um auch ja keinen im Getümmel zu verlieren und wagen uns in halsbrecherischem Mut auf die Straßen. Allmählich kriegen wir wirklich Übung darin. Wir dürfen nur nicht vergessen, dass wir sowas niemals zu Hause versuchen sollten.
Als wir schließlich ins Bett gehen, ist Kairo noch immer im Siegesrausch. Aber ich bin mittlerweile so müde, dass mich nicht mal das noch stören kann.

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