Sonntag, 7. Juli 2013

Neues aus Bad Buchau (01.-06. Juli 2013)

Hallo Welt! Es ist Zeit, sich zurückzulehnen und die erste Woche hier in Bad Buchau Revue passieren zu lassen. Wie sah also meine erste Woche im Federseemuseum aus? 

Sie beginnt am Sonntagvormittag mit einer ca. 2,5 stündigen Fahrt von zu Hause nach Oberschwaben. Zum Glück hat meine Mutter sich bereiterklärt mich mit dem Auto zu fahren, denn bei dem vielen Gepäck wäre ich im Zug (und Bus) wohl zusammengeklappt. Das Wetter passt auch wunderbar. Wir haben zuerst genügend Zeit uns den Ort und das Museum anzusehen. Die ersten Kollegen, die ich schon kennenlernen kann, sind alle sehr nett. Lilli, die Museumspädagogin, zeigt mir schließlich die Wohnung, in der ich für die nächsten acht Wochen wohnen kann. Sie ist spartanisch, das stimmt, aber für die paar Wochen reicht es allemal. Sie ist größer, als ich gedacht habe, nur leider gibt es kein Internet und der große Fernseher im Wohnzimmer ist nur eine Attrappe (kein Empfang). Aber ich habe ja genug Filme dabei, falls mir mal danach ist.

Den Abend nutzen meine Mama und ich jedenfalls noch, um auf dem Steg durch das Moor bis zum Federsee zu laufen. Ein wirklich schönes Fleckchen Natur! Früher einmal, vor ein paar Tausend Jahren, war der Federsee über 30km² groß. Heute sind es gerade mal noch 1,4km². Vieles verlandete im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts, um neue Flächen für die Landwirtschaft nutzbar zu machen, was dann aber gründlich schief ging. Heute befindet sich hier ein großes Naturschutzgebiet mit einem Paradies für Vögel und Wassertiere.

Als ich dann allein bin, packe ich erst mal in aller Ruhe meine Koffer aus. Schränke gibt es hier jede Menge. Ich habe alles schön ordentlich verstaut. Zumindest jetzt sieht es noch ordentlich aus. Warten wir mal die Situation bis in acht Wochen ab!

Vielleicht sollte ich euch kurz ein paar Worte zu Bad Buchau erzählen. Die kleine Stadt hat vier wichtige Aspekte. Zum einen natürlich die Archäologie. Das sage ich nicht nur, weil ich mich dafür interessiere, sondern weil es hier wirklich etwas Besonderes ist. Es ist das fundreichste Moor Europas mit wunderbarer Feuchtbodenerhaltung. Vier der Siedlungen, die hier gefunden wurden, gehören mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe. Deshalb wird Vermittlung auch ganz groß geschrieben, nicht nur im Museum, sondern auch mit dem 9,5km langen Moorlehrpfad. 
Eng verbunden mit dem archäologischen Schutz ist natürlich der Naturschutz. Der Federsee und das umgebende Moor ist ein Paradies für Pflanzen, Vögel und Wassertiere. Deshalb ist der Nabu (Naturschutzbund) hier sehr aktiv und hat ein kleines Zentrum, das regelmäßig interessante Veranstaltungen anbietet.
Sehenswert sind auch die Stiftskirche und der jüdische Friedhof, wichtige Teile der hiesigen Kultur.
Und last but not least ist es natürlich ein Kurort mit Kliniken, Thermalbädern, Kurpark und allem drum und dran, was man zur Entspannung braucht.
Der Ort ist klein, aber trotzdem ist hier viel geboten. Ich glaube nicht, dass mir so schnell langweilig wird.

Der Montag beginnt mit wunderschönem Sonnenschein und einer Heldentat. Eines meiner Fenster ist an der Außenscheibe kaputt. Durch das große Loch war jetzt ein Maikäfer im Zwischenraum gefangen, den ich nur mit viel Geduld und Mühe (die Fensterhälften klemmten) befreien kann.
Der erste Arbeitstag beginnt noch human. Um 10 Uhr soll ich im Museum sein. Leider weckt mich die benachbarte Kirche schon mit dem 6-Uhr-Geläut. Daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen. Morgens mache ich noch einen kurzen Streifzug durch den schönen Kurpark und entdecke dabei auch noch das Thermalbad Adelindis. Zwar erwarten uns in nächster sommerliche Temperaturen, doch gegen ein wenig Entspannung ist ja schließlich nichts einzuwenden, oder?

Im Museum zeigt mir Sabine, die Museumsassistentin, wie ich die Buchungsaufträge verwalten muss und führt mich schon mal in die verschiedenen Programme ein. Und das ist eine Menge! Für Gruppen, Schulklassen und Familien gibt es ein breites Angebot wie Themenführungen, Übernachtungen, Theater, Archäotechnik und vieles mehr. Hier bekommt jeder etwas geboten und ich bin schon sehr gespannt, wie all das in der Praxis aussieht, was ich nun in der Theorie erfahren habe.

Das Federseemuseum ist auch ein Reich der Tiere. Da wären zum Beispiel Joey und Mon Ami die beiden Pfauenziegen, oder eine Herde Soayschafe, die aber leider namenlos ist. Aber dann sind da noch die Mitarbeiter-Hunde. Den Struppi von Chris habe ich schon kennengelernt. Nun mache ich noch Bekanntschaft mit Sabines „Rudel“: fünf beeindruckende Irische Wolfshunde, die ich kennenlerne, als mich Sabine zum Einkaufen mitnimmt. Die Truppe bleibt jedoch zu Hause, nur die kleine Ivy (ein ganz süßer Lapphund-Welpe) begleitet uns. Ich bin wirklich froh um diese Mitfahrgelegenheit, denn der Penny-Markt ist wirklich sehr weit außerhalb.

Den Nachmittag über kann ich mich dann noch mit den Führungskonzepten beschäftigen und die wichtigsten Inhalte anhand des Audio-Guides erkunden. Im Gegensatz zum Vormittag, an dem es hier nur so von Schulklassen gewimmelt hat, ist das Museum jetzt so still, ja fast ausgestorben.
Jetzt als waschechte (temporäre) Buchauerin weiß ich natürlich auch, dass man den Federsee-Steg am besten erst nach 18 Uhr betritt, wenn er nämlich keinen Eintritt mehr kostet ;-) Noch einmal die Ruhe der Natur genießen! Wer hier spazieren geht, fühlt sich selbst fast wie in die Urzeit zurückversetzt.

Der Dienstag beginnt praktischer.  Mit Hanna, einer freien Mitarbeiterin, begleite ich eine Schulklasse (3. Klasse) bei einem Halbtagesprojekt. So sehe ich zum ersten Mal, wie man die Inhalte auch an Kinder weitergeben kann. Die Führung im Museum und in einem der Schauhäuser funktioniert noch ganz gut, dann aber wird es ernst, wenn es ans Praktische geht: Lederbeutel herstellen. Wenn man sowas selbst noch nie gemacht hat, ist es gar nicht so leicht den Kindern dabei zu helfen, aber irgendwie klappt das schon. Das Schneiden mit der Silexklinge funktioniert schon ganz gut. Auch das Werfen mit einer altsteinzeitlichen Speerschleuder ist eine ganz neue Erfahrung für mich.

Wenn das Ganze ein Sprung ins kalte Wasser war, dann war dieses Gewässer jedoch noch lauwarm im Vergleich zu dem Anschlag, den Lilli auf mich vorhat: für den Mittwoch hat sich eine Seniorengruppe angemeldet, die sehr groß ist. Der Platz in den Schauhäusern ist jedoch sehr begrenzt, daher sollte die Gruppe aufgeteilt werden und ich soll einen kleinen Teil der Führung  (ca. 15 Minuten) übernehmen. Ganz schön gewagt, dafür, dass es gerade mal mein zweiter Arbeitstag ist, doch ich nehme die Herausforderung an. Es geht ja eigentlich auch nur darum, ein paar Dinge zu erklären, die ich eigentlich schon weiß, den Rest kann ich mir im Laufe des Nachmittags noch gut erarbeiten. Lilli führt mich auch nochmal herum und ich kann ausgiebig das Speerschleudern üben.

Den warmen Feierabend nutze ich mit einer Führung durch den Wackelwald, die vom Nabu organisiert wird. Wir sind nur eine sehr kleine Gruppe von 5 Personen, doch lustigerweise kommt ein Paar direkt aus meinem Nachbarlandkreis Lörrach.  Natürlich mache ich nebenbei noch fleißig Schleichwerbung für das Federseemuseum.
Der Wackelwald ist übrigens ein kleiner, geschützter Wald, der direkt über dem Moor liegt. Nur eine dünne Wurzelschicht liegt dazwischen. Schon kleine Sprünge reichen, um sich zu fühlen, wie auf einer Hängebrücke. Der Boden schlägt kleine Wellen und die umliegenden Bäume fangen an zu zittern und zu schwanken. Der Wackelwald macht seinem Namen alle Ehre und ganz nebenbei erfährt man bei der Führung viele interessante Dinge zur Natur. Nur das Mückenspray sollte man nicht vergessen. Die Viecher sind wirklich aggressiv, sobald man ins Moorgebiet kommt.

Am Mittwoch macht der Sommer Pause: Regen beherrscht den Tag. Ich begleite Lilli vormittags bei einer Führung mit einer Gruppe Pädagogen. Ich halte mich brav im Hintergrund, passe aber genau auf, denn schließlich muss ich das vielleicht auch bald machen. Das Speerschleudern im Regen ist zwar nicht sehr angenehm, aber die Leute haben natürlich trotzdem ihren Spaß. 
Bis auf den Regen kann ich dem kalten Wasser aber dann doch entkommen. Die Seniorengruppe ist nun doch kleiner, als ursprünglich angekündigt und so brauche ich mein Können noch nicht unter Beweis stellen. Ist vielleicht auch besser so. Ich will vorher auf jeden Fall noch mehr lernen. Dazu knöpfe ich mir nochmals die Inhalte vor, ordne meine wilden Notizen und beschäftige mich mit den Materialien für die einzelnen Programme.

Am Donnerstag  begleite ich zum ersten Mal ein Ganztagesprojekt, das heißt ein 5stündiges Programm mit einer Schulklasse, diesmal mit einer 4. Klasse. Obwohl die Kinder nur ein Jahr älter sind, als diejenigen vom Dienstag, merkt man den Unterschied sehr schnell. Sie sind viel aufmerksamer und aktiver bei der Sache, besonders als es nach der Führung an den Praktischen Teil geht. Heute wird gekocht, aber natürlich in Steinzeitmanier. Zuerst wird das Gemüse mit den Flintmessern geschnitten: Lauchzwiebeln, Sellerie und Karotten, dazu etwas Maggi-Kraut (damit es später besser schmeckt). Dann kommen noch eingeweichte Linsen und Speck hinzu. 

Doch bevor der Eintopf kochen kann, muss zuerst das Feuer gemacht werden, mit dem Feuerzeug der Steinzeit: Feuerstein und Pyrit. Es dauert etwas, aber nachdem es die Kinder der Reihe nach probiert haben, springt der Funken sprichwörtlich über. Jetzt kann der Eintopf eine gute Dreiviertelstunde köcheln, während wir an die Lederbeutel gehen. Heute geht das ganz fix, nur beim Schneiden brauchen einige etwas Hilfe, denn manches Lederstück ist ganz schön dick.
Pünktlich zu Mittag ist unser Eintopf fertig und der wird nicht mit dem Löffel gegessen, sondern mit einem großen Mohnbrötchen. Der Eintopf schmeckt übrigens wirklich klasse, aber das Essen ohne Löffel will geübt sein.

Nach dem Essen gibt es die übliche Führung durch das Schauhaus und dann geht es zum Speerschleudern. Auch das funktioniert diesmal weitaus besser. 
Die fünf Stunden vergehen wirklich wie im Flug und nach meinem Kontrollgang, bei dem ich noch einige vergessene Kleidungsstücke aus den Häusern fischen muss, ist auch schon Feierabend.

Der Freitag ist ganz entspannt. Man merkt, dass es aufs Wochenende zugeht. Heute hat sich nur eine kleine Gruppe älterer Herrschaften angemeldet. Vorher muss ich mich aber noch um die Ziegen und Schafe kümmern. Das ist gar nicht so leicht, denn der freche Joey will mir ausbüchsen, als ich mit der Schubkarre komme. Für einen solchen Fall gibt es aber einen Trick: der weiße Eimer. Im weißen Eimer ist normalerweise Kraftfutter, auf das fährt er total ab. Bei den Schafen ist es einfacher, die sind nämlich so scheu, dass sie davonlaufen, wenn man reinkommt. 
Nach der Führung bleibt es ruhig im Museum. Ich arbeite noch ein wenig meine Notizen durch, streife durch das Gelände, um nochmal ein paar Details zu erarbeiten und schaue ob alles an seinem Platz ist. Dann ist Feierabend.

Das Wochenende ist eigentlich kein Pflichtprogramm, doch das ein oder andere will ich doch mitnehmen. Deshalb schlafe ich am Samstag natürlich erst mal aus (soweit das die Kirche zulässt) und kümmere mich noch ein bißchen um den Haushalt. Schon erstaunlich, was sich alles an Dreck in nicht ganz einer Woche angesammelt hat. Auch die Vorräte müssen wieder aufgefüllt werden, deshalb mache ich mich gegen die Mittag zum Rewe auf. Memo an mich: das nächste Mal wenn ich wieder Flaschen transportieren will, sollte ich besser jemanden fragen, ob sie mich fährt. Zwar ist die Distanz nicht unüberwindbar, aber der Rückweg wird mit den ganzen Sachen doch etwas weit. 

Mittags nehm ich mir Zeit, um mir etwas Vernünftiges zu kochen, bevor ich gegen 14 Uhr wieder zum Museum gehe. Heute findet ein Kindergeburtstag statt. Verena, die vor mir das Praktikum hier gemacht hat und jetzt noch für ein paar Wochen als freie Mitarbeiterin arbeitet, um sich ihr Studium zu finanzieren, führt die Kinder durch die Steinzeit. Die Mädels sind alle sehr begeistert, besonders die ganz Kleinen, die am liebsten noch stundenlang Mehl gemahlen hätten. Mit Speerschleudern, Einbaumfahren, Töpfern und Stockbrot grillen ist ja auch einiges geboten.

Das war also die erste Woche hier im Federseemuseum. Ich habe wirklich sehr viel an Input mitgenommen und bin schon gespannt, was mich nächste Woche erwartet. Davon gibt es natürlich wieder einen Bericht ;-) Zum Schluss noch ein paar Impressionen!

 
Schlafzimmer

Küche

Wohnzimmer

Jede Menge Schränke

Blick aus dem Fenster Teil 1: mit Stiftskirche

Blick aus dem Fenster Teil 2: Pro-Gymnasium

Ich wohne ganz oben, wo die kleinen Dachfenster sind ;-)

Rehaklinik im Schloss mit Stiftskirche

Schwäbische Kehrwoche mal anders...

Marktplatz

Kurpark

Das schöne Federseeried




Federseesteg




Der Eingang des Museums. Das Museumsgebäude ist selbst wie ein modernder Pfahlbau gestaltet.

Der Museums-Einbaum für Rundfahrten


Das Museum von innen

Mein Arbeitsplatz (natürlich nur, wenn ich nicht draußen auf dem Gelände bin)

Unsere Soayschafe

Ziegengehege mit "Mon amie"

Der freche Joey

Die "Siedlung Forschner" aus der frühen Bronzezeit wird heute vor allem für Projekte genutzt.

Häuser aus der Wasserburg Buchau der späten Bronzezeit.

Häuser der Siedlung Taubried aus der Jungsteinzeit von außen...



...und innen.

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