Samstag, 26. Juli 2008

Erstes Lebenszeichen von der Lehrgrabung in Bielefeld

Hiermit weihe ich mein neues Grabungs- und Reisetagebuch ein und starte mit dem ersten Bericht meines ersten Grabungspraktikums auf der Sparrenburg in Biefeld. Faul wie ich nun mal bin, hab ich es versäumt das Tagebuch sofort konsequent am ersten Tag anzufangen. Deswegen gibt es jetzt erst mal den ersten Teil:

Tag 1 (20. Juli 2008)– Auf geht’s

Nun ist es also soweit, die kleine Expedition nach Bielefeld beginnt. Die Reise beginnt für mich am kleinen Bahnhof von Laufenburg CH, von wo mich die S1 nach Basel SBB bringen soll. Mit Koffer und Rucksack bepackt schlepp ich mich in Basel um kurz nach 10 also zum Gleis 10 – eine ganze Stunde zu früh, dank der „wunderbaren“ Verbindung der Schweizer Bahn.

Um 11 dann aber geht es wirklich los und damit auch die Aufregung, denn zwar ist unser reservierter ICE Platz schnell gefunden, doch unser Trupp ist noch nicht vollständig. Pünktlich um 11.12 Uhr fährt der Zug ab und das Rätseln beginnt. Zum Glück klärt sich alles noch auf und Katharina stößt in Freiburg zu uns, nachdem sie in den falschen Wagon eingestiegen war.

Nun kann die Reise also beruhigt weitergehen. Steffi und ich vertreiben uns die Zeit mit der neuesten Episode Stargate Atlantis (The Seed) und verrückten Montagsmalerrätsel (zuerst Länder, dann SGA Episoden) bei denen wir aus den Lachanfällen fast nicht mehr herauskommen. Naja, irgendwer muss doch den sonst so stillen Wagon unterhalten, oder?

Gegen 15 Uhr erreichen wir Köln, wo uns gerade mal sieben Minuten zum Umsteigen bleiben. Bei dieser Menge an Leuten mit ihren Koffern, die sich alle die schmale Treppe hinunterschlängeln wollen, eine echte Herausforderung. Zum Glück erreichen wir alle heil und rechtzeitig den Zug nach Bielefeld, unser Ziel, das wir um 17.13 Uhr endlich erreichen.
Am Bahnsteig nehmen uns sofort zwei ältere Herren in Empfang: Herr Zutz und Herr Wohland, die sich sofort unserer schweren Koffer annehmen und uns zu unserem Quartier bringen. Unterwegs erfahren wir schon die ersten Dinge über Bielefeld und die Ausgrabung, bevor wir dann das IBZ (Internationales Begegnungszentrum) in unmittelbarer Nähe Universität erreichen. Im zweiten Stock befindet sich eine Professorenwohnung, die für uns reserviert wurde.

Der erste Eindruck: wow! Auf einer Ausgrabung eine eigene Wohnung zu haben ist ja schon Luxus, aber dann auch noch derart geräumig und noch dazu ganz neu renoviert, das ist doch mal ein Leckerbissen.
Herr Zutz zeigt uns auch sofort die Umgebung, die Universität und unserer S-Bahn-Station, damit wir erst mal einen Eindruck davon bekommen, wo wir eigentlich sind. Zurück in der Wohnung, sind die Zimmer schnell vergeben: Steffi und ich schnappen uns natürlich das Zimmer mit Internetzugang; Piroska und Sophia das Doppelzimmer nebenan und Katharina bekommt das Einzelzimmer mit dem zweiten Internetzugang.

Zum langen Verweilen bleibt aber kaum Zeit, denn schon treibt uns der Hunger und führt uns zurück in die Innenstadt. Zum Glück kennt sich Katharina schon recht gut in Bielefeld aus und so finden wir bald eine nette Brasserie in der Altstadt (dort gibt es feines Thai Chicken^^).

Fazit des ersten Tages: wir sind alle heil angekommen; wir haben eine super Unterkunft, die Universität sieht aus wie eine alte Fabrikhalle und die Matratzen sind verdammt hart. Trotzdem sind wir alle gespannt, was uns die kommenden Wochen bringen werden.































Tag 2 (21. Juli 2008)– erstes Schnuppern

Um 7 Uhr schlägt Steffis Uhr Alarm! Es ist Zeit, aus den Federn zu kriechen. Zwar war die erste Nacht in der neuen Umgebung noch recht gewöhnungbedürftig, doch der Bettzipfel lässt trotzdem nur schwer los. Mit einem notdürftigen Frühstück mit trockenen Aufbackbrötchen und Tee schlagen wir uns die hungrigen Bäuche voll, bis pünktlich 8.00 Uhr die Klingel alle in Panik versetzt. Jetzt noch schnell alles in den Rucksack gestopft, sich selbst warm einpacken und dann geht’s los.

Die Sparrenburg begrüßt uns an unserem ersten Morgen mit einem düsteren, grauen Himmel und einem bissigen Wind. Herr Zutz und Wohlart bringen uns ganz nach oben und führen uns in den hinteren Bereich der Burg, wo man schon gleich das Ausgrabungsgelände hinter dem Bauzaun entdecken kann. Hier nimmt uns gleich unsere Grabungsleiterin Maria Hahne entgegen und gibt uns Unterschlupf im Bauwagen. Nicht gerade der gemütlichste Ort, doch weitaus gemütlicher als im kalten Wind zu erfrieren.

Hier stoßen nun auch noch drei weitere Studenten von der Uni Bielefeld hinzu, die eigentlich Geschichte studieren, aber hier ein Praktikum absolvieren wollen. Nun…was machen wir hier nun also?

Im September 2007 fand man im Bereich des Kiekstattrondells eine alte Festungsmauer aus dem 13. Jhd. Nun wurde diese Mauer auf einer Seite freigelegt und ein Torbogen wurde gefunden. Es stellt sich also die Frage, ob dies ein Eingangstor ist, oder gar der Zugang zu einem Gewölbe? Auch auf dem Rondell selbst wurden alte Mauerreste gefunden, die nun restauriert werden. Das ist aber Aufgabe eines kleinen Bauarbeiterteams – dessen Chef schon am ersten Tag durch seine aufgebrachten, sächsischen Flüche auffällt.

Wer sich die Sache genauer anschauen will, kann gerne einen Blick durch die Webcam werfen: http://www.bielefeld.de/de/si/webcam (ganz runter scrollen).

Maria führt uns auch durch die unterirdischen Gänge, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind und reizt sofort unsere Phantasie, denn es gibt noch so viele offene Fragen. Auch in den öffentlichen Teil der Gänge machen wir einen Abstecher und so vergeht der erste Vormittag.
Das Wetter und unsere verfrorenen Gesichter bringen Maria schließlich dazu, uns nach Hause zu schicken, damit wir am kommenden Tag mit vollem Einsatz starten können.

Das lassen wir uns selbstverständlich nicht zweimal sagen. Nachdem wir uns auch die Fahrkarte für die erste Woche gesichert haben, haben wir nur noch ein Ziel: einkaufen!Unser Kühlschrank und die Schränke brauchen dringend Inhalt und so machen wir uns auf die Suche nach einem Supermarkt. Nach vielem Durchfragen und Umwegen gelangen wir schließlich über den Siegfriedplatz zu einem Plusmarkt.

Hier schlagen wir erst mal richtig zu, denn man muss ja auf alles vorbereitet sein. So ist es auch kein Wunder, dass der lange Belegzettel schließlich mit fast 100 Euro endet. Aber zumindest haben wir jetzt mal die Grundausstattung.

Zurück in der Wohnung, nach schier endlosem Tütenschleppen, kochen Piroska und Sophia als erstes ein kleines Nudelgericht, um den Mittagshunger zu stillen. Danach hat jeder Zeit, um sich den Nachmittag zu vertreiben, während draußen das scheußlichstes Regenwetter eingesetzt hat. Ein Glück also, dass uns heute die Arbeit erspart wurde.

Nach einem feinen Abendessen geht es für uns dann zeitig ins Bett, denn morgen müssen wir früh raus. Unser erster Arbeitstag wartet auf uns.




Tag 3 (22. Juli 2008)– erstes Buddeln

Unglaublich aber wahr, um 6.30 Uhr klingelt der Wecker; Zeit zum Aufstehen. Nach ersten Startschwierigkeiten geht das Gewusel aber bald los, jeder will sich das Pausenbrot schmieren, jeder will sich ein Frühstück richten. Irgendwie können wir uns dann aber doch koordinieren und schaffen es tatsächlich noch rechtzeitig die S-Bahn um 7.29 Uhr zu erreichen.

Am Landgericht verlassen wir die S-Bahn und wagen uns an die schwerste Hürde des Weges: der Aufstieg auf die Sparrenburg. Daran führt kein Weg dran vorbei, der Berg ruft und wir antworten mit einem Hecheln, als wir endlich den steilen Weg nach oben erklommen haben. Das kann ja heiter werden!

Als dann jeder wieder genug Luft hat, kann der Arbeitstag beginnen. Wir werden in 2er-Teams eingeteilt, eigentlich je ein Schweizer und ein Deutscher, aber weil es nicht ganz aufgeht und ich ja Deutsche bin, kann ich mich mit Steffi zusammentun. Jeder bekommt eine kleine Fläche (etwa 2x4m) zugeteilt, die hinter der Mauer (also im Innenbereich der Burg) liegt, die wir nun bearbeiten müssen.

Ausgestattet mit Eimer, Kratzern, Besen, Schaufel und Schubkarren beginnen wir nun also unsere erste Grabung. Zunächst widmen Steffi und ich uns mal dem Hügel moderner Blumenerde, der schlauerweise genau auf unserer Fläche liegt, ehe wir uns tiefer vorarbeiten.
Für alle, die sich jetzt die Frage stellen ‘Ist das eigentlich harte Arbeit?‘ hier die Antwort: Ja, es ist harte Knochenarbeit, aber wenn man eifrig darauf hofft etwas Interessantes zu finden, nimmt man das in Kauf.

Leider verfliegt unsere Euphorie schon bald, als kaum Funde zum Vorschein kommen. Zumindest bei Steffi und mir halten sich die Entdeckungen in Grenzen. Eine Patrone aus dem Zweiten Weltkrieg rettet wenigstens den Tag, ansonsten stoßen wir heute leider nur auf Steine, Steine, Steine, Ziegel, Ziegel, Ziegel und viele, viele Regenwürmer. Aber das hält doch einen echten Archäologen nicht auf, oder?

Auf jeden Fall wissen wir jetzt, warum zwei Pausen pro Tag angesetzt sind. Knie, Hände und Rücken danken es tausendmal. Der erste Grabungstag war für uns vielleicht nicht gerade fundreich, aber wir haben uns schon ein ganzes Stück vorgearbeitet. Irgendwann lernt man auch die Karre richtig zu beherrschen und den Inhalt nicht überall zu verteilen und für die nötige Unterhaltung – in Ermangelung eines Radios – können auch ein paar verrückte Lieder dienen („Ein Stein, ein großer Stein, das ist das Schönste was s gibt auf der Welt!“ – kennt wer das echte Lied? ^^).
Mit reichlich Staub auf den Klamotten treten wir um halb 4 unseren Heimweg an, nachdem alles wieder ordentlich im Container verstaut wurde. Da Steffi noch ihr Handy aufladen muss und dies nur bei einem DM funktioniert, machen wir uns also auf die Suche. Zwar ist uns schon ein DM irgendwo begegnet, doch diesen wieder zu finden erweist sich als ein Ding der Unmöglichkeit. Was bleibt also als Lösung? Genau, fragen! Unser erstes Opfer: ein Currywurstverkäufer, der uns nur mit großen Augen darauf hinweist, dass es in der Innenstadt keinen DM gibt.

Frustriert wollen wir wieder zurück, da nehm ich mir aber ein Herz und frag nochmal eine Frau an der S-Bahn-Station. Die Antwort ist verblüffend, denn sie kann uns den Weg genau beschreiben. Und so zotteln wir wieder nach oben (vorbei an dem nutzlosen Currywurst Verkäufer), die Straße hinab und voila!

Auch heute kümmern sich Piroska und Sophia um das Abendessen und machen Rührei mit Pilzsoße und Salat. Danach sind aber alle wie gerädert vom ersten Arbeitstag und so ruft schon recht früh das Bett.

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